Mindestlohn für Gebäudereiniger ändert wenig am Lohndumping
: Der Franz kümmert sich!

Die Bedeutung des Mindestlohns für Gebäudereiniger, den das Bundeskabinett morgen beschließen soll, liegt weniger in seinen praktischen Auswirkungen. Eher sendet Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) damit ein Signal: Niemand wird vergessen, niemand soll zu unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.

Praktisch betrifft das Mindestlohngesetz der großen Koalition nur die rund 850.000 Gebäudereiniger und Fensterputzer in Deutschland. Denen garantieren Union und SPD künftig, dass sie mindestens 6,36 Euro pro Stunde verdienen – auch wenn die Firmen weniger zahlen wollen.

Die SPD hat damit der Union den Beweis abgehandelt, dass sozialdemokratische Politik auch in der großen Koalition möglich ist. Diese Botschaft ist für Münteferings Position in der Koalition, seine Rolle in der verunsicherten Partei und die Unterstützung der flüchtigen Stammklientel ungeheuer wichtig – so begrenzt und bescheiden der Mindestlohn auch ausgefallen ist.

Als Antwort auf die Realitäten in weiten Teilen der Wirtschaft taugt Münteferings Gesetzentwurf allerdings nur sehr bedingt. Weder bezieht die Initiative die Branche der Zeitarbeitsfirmen ein, deren Verbände mehrheitlich geradezu um den Mindestlohn betteln. Noch weiß der Arbeitsminister den Millionen Beschäftigten, die in den immer größeren tariffreien Zonen arbeiten, ein Angebot zu machen. Indem Müntefering die Entscheidung getroffen hat, bestehende Tarifverträge zur Basis seines Mindestlohns zu machen, dichtet er die Sozialstruktur nach unten ab.

Wer von Soziologen als „Globalisierungsverlierer“ beschrieben wird und 2,50 Euro pro Stunde verdient, profitiert jedoch von der schwarz-roten Untergrenze nicht. Die Herausforderung bestünde gerade darin, für die tariflosen Räume einen gesetzlichen Mindestlohn zu konstruieren, bei dem der Staat den allgemein gültigen Basisstandard definiert, und gleichzeitig die tariflichen Bedingungen dort zu respektieren und zu unterstützen, wo sie noch existieren. Bisher nimmt sich Franz Müntefering nur des zweiten Anliegens an. Daher bleibt seine Reform einstweilen Stückwerk.

HANNES KOCH