Tristesse und Melancholie

Letztens hat Judith Holofernes Kleinfamilien-Missmanagement beklagt. Die ehemalige Wir-sind-Helden-Sängerin hatte es nämlich verpasst, so verriet sie in einem Interview, mit ihrem Ehemann, dem ehemaligen Wir-sind-Helden-Schlagzeuger Pola Roy, den familieninternen Veröffentlichungsplan abzusprechen. Folgerichtig sorgte die Tatsache, dass ihr erstes Solo-Album „Ein leichtes Schwert“ am gleichen Tag erschien wie „Empty House“, nicht nur für doppelten Stress. Sondern auch dafür, dass das zweite Album von Per Anders, dem Duo aus Roy und Jörg Holdinghausen, der sonst bei Tele den Bass spielt, etwas unterging. Unverdientermaßen!

Denn die beiden baden so hübsch in gefühlsduseliger Tristesse wie kaum jemand sonst hierzulande. Auch auf „Empty House“ ist Schwermut wieder das vorherrschende Gefühl, allerdings nimmt sie nicht mehr überhand wie auf dem vor drei Jahren erschienenen ersten Album. Die beiden haben die Stimmungslage zwar nicht grundsätzlich verändert, aber doch deutlich ins Aufgeräumte verschoben. Immer noch hebt manche Melodie ab ins Ätherische, aber die Gitarre federt leichtfertiger und der Bass schielt mitunter sogar Richtung Funk. Auch ein gewisser Humor scheint sich eingeschlichen zu haben. In einem Song wie „I’ll Catch You A Lullaby“ verwalten Holdinghausen und Roy fast schon ironisch das Erbe von Barclay James Harvest. Und als wäre ihnen der eigene Willen zum Wohlklang selbst nicht so ganz geheuer, bricht sich in „Goodbye“ plötzlich eine überschnappende Orgel vehement Bahn – wobei sich der Song eigentlich Mühe gibt, in einer irischen Kneipe den Bierkonsum anzukurbeln. Per Anders mögen der eigenen Trübsal nicht mehr vollständig vertrauen, aber dank der neuen Facetten ist „Empty House“ ein besonders schönes Pop-Album geworden.

„Melancholisch“ hat Anna F. auch im Angebot auf „King in the Mirror“. Zumindest der eine oder andere Song auf dem Debüt der österreichischen Wahlberlinerin klingt ein wenig nachdenklich. Vor allem aber geht es fröhlich zu, wenn Anna, die eigentlich Wappel mit Nachnamen heißt, ihrem Noch-Liebsten verspricht, ihm mal die Fresse zu polieren. Ja, so harmlos poppig, begeistert hüpfend und niedlich melodiös ihre Songs daherkommen, textlich hat Frau F. ein paar Stolpersteine eingebaut, die aber den Gesamteindruck kaum stören: schlauer, aber kaum widerspenstiger Radio-Pop.

THOMAS WINKLER

■ Per Anders: „Empty House“ (Per Anders/H’ART), 27. 2. Privatclub

■ Anna F.: „King In The Mirror“ (Island/Universal), Vorprogramm von James Blunt, 3. 3. O2-World