sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Donnerstagabend wird in der Bunten Kuh (Bernkasteler Straße 78, 18.30 Uhr) an Jürgen Kuczynski erinnert, der unter jüngeren AntifaschistInnen nahezu unbekannt ist. Dabei war er – wie viele aus seiner Familie – als unangepasster Geist in der Weimarer Republik und in der DDR eine für viele Menschen außerordentlich wichtige Figur. Und selbst bis kurz vor seinem Tod war der weit über neunzig Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler noch bereit, seine Theorien zu diskutieren und zu überdenken. Gudrun Langendorf und Gretchen Binus sprechen auf Einladung der Antifaschistischen Initiative Nord-Ost über Leben und Werk dieses unorthodoxen Linken.

Am Samstag wird in der Schrein47 (Schreinerstraße 47, 19 Uhr) ebenfalls Erinnerungsarbei geleistet, hier geht es um den Reichskanzler Bernhard von Bülow, der 1897, drei Jahre vor dem Beginn seiner Kanzlerschaft, in einer Rede für das deutsche Kaiserreich einen „Platz an der Sonne“ forderte: „Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservierte, wo die reine Doktrin thront – diese Zeiten sind vorüber.“ Der deutsche Kolonialismus in Afrika, der mit Reden wie dieser gerechtfertigt wurde, hat Nachwirkungen bis heute – und die Debatten um die seinerzeit geraubten Kunstwerke, die sich in ethnologischen Museen in ganz Deutschland befinden, sind nur die Spitze des Eisberges. Interessanter Aspekt bei dieser Veranstaltung: es soll ein ganz besonderes Augenmerk auf die Rolle weißer Frauen bei der deutschen Kolonialpolitik gelegt werden.

Nahezu zeitgleich wird in der K9 (Kinzigstraße 90, 20 Uhr) der Frauenkampftag 2014 thematisiert, der 8. März also. Kann der Frauenkampftag noch wirken, ist er nicht längst überholt? Nun soll es ein Berlin eine aufsehenerregende Demo geben, hier soll diese inhaltlich, aber auch organisatorisch vorbereitet werden.

Am Dienstag schließlich wird es in der Erreichbar (Reichenberger Straße 63a, 19 Uhr), um den „Antiziganismus in der bürgerlichen Gesellschaft“ gehen, wobei es laut der veranstaltenden Gruppe jimmy boyle „in erster Linie um die Ursachen von Stigmatisierung und Ausgrenzung von Menschen unter kollektivierenden Gesichtspunkten“ gehen soll, was ja wiederum weit über das Thema Antiziganismus, doch auch über die Frage nach der Rolle der bürgerlichen Gesellschaft hinausweist. Dann soll konkret diskutiert werden, „wie Antiziganismus nicht kritisiert werden sollte“. Das klingt doch interessant.

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