Krieg der Opernsterne

SEMPEROPER Der brachiale Erneuerungswille des designierten Intendanten Serge Dorny scheitert am Dresdner Beharrungsvermögen

Eine Revolution von oben wird das Dresdner Musiktheater vorerst nicht erleben. Der erst im vorigen September zum Intendanten der Semperoper berufene Serge Dorny ist sowohl am Haus als auch im sächsischen Wissenschafts- und Kunstministerium in Ungnade gefallen, bevor er sein Amt im Sommer 2014 überhaupt antreten konnte. Am vorigen Freitag sprach Ministerin Sabine von Schorlemer die fristlose Kündigung aus, „ehe alles Porzellan zerschlagen ist“. Der Eklat beschäftigt seither die Feuilletons von Zürich bis New York.

Dorny wird geschasst, weil er schon während der Vorbereitungsarbeiten allzu forsch das tat, was man von ihm erwartete. In Lyon hatte der geborene Belgier mit unkonventionellen Methoden das Opernpublikum verjüngt und machte Paris Konkurrenz. Auch deshalb galt er der Findungskommission und der Ministerin als Favorit und wurde bei seiner Vorstellung in Dresden reichlich gelobt. Charmant verpackt ließ der neue Intendant allerdings gleich erkennen, dass er einiges anders zu machen gedenke an der Semperoper, die dank ihres Rufes, des prachtvollen Hauses und der Touristen fast immer ausverkauft ist, von Dorny künstlerisch aber nicht in der ersten Reihe europäischer Häuser gesehen wird.

Nach dem verbalen Fernkrieg der letzten Tage und einer Pressekonferenz am Dienstag wird deutlich, dass zwischen Dorny und der Semperoper zwei Welten aufeinander prallten. Stagione-Prinzip in Lyon, Ensembletheater mit Repertoire in Dresden. Die gewohnte unumschränkte Intendantenmacht hätte Dorny in Dresden zumindest mit der Staatskapelle und ihrem Chefdirigenten Christian Thielemann teilen müssen. Das sprichwörtliche Dresdner Beharrungsvermögen, wo alles so gemacht werden muss, wie es schon immer gemacht wurde, bricht man nicht mit dem Vorschlaghammer auf.

Langjährige Ensemblemitglieder mussten plötzlich wieder vorsingen. Thielemanns Pläne für Wagners „Ring“ 2015 wurden vom Tisch gewischt. Tranken beide anfangs noch „feine französische Weine“, blieben bald nur noch ultimative E-Mails. „Explosionspotenzial“ habe sich angesammelt, so Thielemann. Ebenso nach einem offenbar desaströsen Gespräch zwischen Dorny und Ministerin Schorlemer am 11. Februar. Danach kam nur noch ein langer Forderungskatalog Dornys und dessen Kündigungsdrohung. Der kam das Ministerium zuvor. Das könnte den Freistaat bis zu 1,5 Millionen Euro Salär kosten.

Man kann nun sehr gespannt sein, wer es sich noch antun will, unter Christian Thielemann Opernintendant zu werden.

MICHAEL BARTSCH