„Das riecht nach politischem Aktionismus“

Die Niedersachsen-FDP rügt die Innenpolitik des Koalitionspartners CDU. Ob Terrorbekämpfung oder Bleiberecht: Die Kommunikation mit Minister Schünemann ist „verbesserungsfähig“, findet Generalsekretär Stefan Birkner

taz: Herr Birkner, in der Niedersachsen-FDP regt sich Kritik an den Forderungen von CDU-Innenminister Uwe Schünemann zur Terrorbekämpfung. Wo ist das Problem?

Stefan Birkner: Wir sind unzufrieden damit, dass er die fehlgeschlagenen Bahn-Attentate zum Anlass nimmt, um die vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterte präventive Telefonüberwachung wieder aus der Versenkung herauszuholen. Dabei hat sich die Gefährdungslage seit den Anschlägen in London nicht grundlegend geändert. Ich habe den Eindruck, Herr Schünemann nutzt die zur Zeit aufgeheizte Stimmung, um seine Themen nach vorne zu bringen. Das riecht nach politischem Aktionismus.

Auch beim Bleiberecht ist die FDP mit dem Innenminister über Kreuz: Der Chef der Landespartei, Philipp Rösler, fordert einen Abschiebestopp, bis die Innenministerkonferenz im Herbst über eine endgültige Regelung entschieden hat.

Stärke ist nicht mit Härte zu verwechseln. Wir zeigen Stärke, wenn wir Flüchtlinge, die seit Jahren mit unsicherem Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, bis zu einer Einigung der Innenminister nicht abschieben. Auf ein paar Monate kommt es auch nicht mehr an. Allein in Niedersachsen könnten bis zu 25.000 Personen von einer Bleiberechtsregelung profitieren, darunter viele Kinder, die noch nie in dem Land waren, in das sie abgeschoben werden sollen. Das sehen auch Parteifreunde von ihm so, aber Herr Schünemann offenbar nicht.

Auch zivile Bürgerstreifen will Herr Schünemann gegen den Willen der FDP probeweise im Land etablieren. Das alles klingt nach deftigem Streit.

Bei den Bürgerstreifen werden wir genau hinsehen, wie viele Kosten der Versuch tatsächlich verursacht. Aber es stimmt: Die Kommunikation zwischen Innenministerium und den Liberalen ist verbesserungsfähig.

Muss Christian Wulff seinen Innenminister zur Raison rufen?

Ich würde mir wünschen, der Ministerpräsident würde unsere Positionen übernehmen und Einiges klar stellen. Aber die gegensätzlichen Auffassungen von FDP und CDU in der Innenpolitik stellen die Koalition im Kern nicht in Frage. Die Parteien haben ein unterschiedliches Selbstverständnis und unterschiedliche Profile – und das ist auch gut so.

Findet die FDP in der Innenpolitik des Landes überhaupt noch statt?

Nicht zu knapp. Wir haben Herrn Schünemann zuletzt bei der Neufassung des Polizeigesetzes gebremst. Wir haben durchgesetzt, dass es DNA-Analysen nur nach richterlicher Anordnung geben kann. Die Liberalen sind die treibende Kraft in der Justizpolitik – wir haben unsere Position beim assistierten Suizid deutlich gemacht. Wir haben die Justiz gestärkt – auf diese Idee ist die zuständige Ministerin nicht gekommen. Fragen: ksc