UNTERM STRICH

Da ist jemand sauer. Der Deutsche Kulturrat hat den Umgang des Auswärtigen Amts mit dem Vorhaben einer deutschen Künstlerakademie in Istanbul kritisiert. „Es wäre vollkommen falsch, dieses wichtige Projekt zu verhindern“, sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Gerade in der Türkei und in Istanbul sei ein solches Haus vernünftig und logisch, weil es zur Integrationsdebatte beitrage. Der Bundestag hatte 2009 Mittel für die Errichtung einer Akademie mit Künstleraustausch und Stipendienprogramm in Tarabya, der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul, bereitgestellt. Vorbild ist die Villa Massimo in Rom. Zimmermann forderte die im Außenamt für Kulturfragen zuständige Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) zum Handeln auf. Der Umgang mit Tarabya werde für die Liberale zum Lackmustest.

Aus dem Außenministerium ist unterdessen derzeit in Hintergrundgesprächen zu hören, dass die Verhinderung gar nicht von ihnen betrieben werde – vielmehr sei die Künstlerakademie eben mit der türkischen Seite nicht zu machen. Das Grundstück von Tarabya hatte Sultan Abdülhamid II. 1880 dem Deutschen Reich geschenkt – unter der Bedingung, dass es für diplomatische Zwecke genutzt werde. Als solche würden die Künstlerakademie-Ideen aber nicht gewertet. Nun müsse man das Konzept also überarbeiten. Apartments für Künstler seien weiterhin vorgesehen, aber man wolle in einer erweiterten Nutzung auch das Orientinstitut und die Außenhandelskammer einbinden. Anfang November solle dieses Konzept vorgestellt werden.

Zimmermann ist aber wohl prinzipiell irritiert. Ihn erstaunt, dass Minister Guido Westerwelle sehr kulturinteressiert sei, sein Haus aber eine solche Entscheidung treffe. Es dürfe bei der auswärtigen Kulturpolitik nicht zu einer erneuten „Fischerisierung“ kommen, sagte er. Joschka Fischers (Grüne) Nachfolger Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe in diesen Politikbereich Ruhe und Verlässlichkeit hineingebracht und habe sich bei den Mittlerorganisationen großes Ansehen erworben. Ein erneuter Wandel wäre zutiefst bedauerlich.