Arm in Arm am Abgrund

FUSSBALL-NORDDERBY Werder Bremen und den Hamburger SV verbindet die Angst vor dem Absturz in die Zweite Liga. Ohne den jeweiligen Rivalen wäre die erste Liga aber auch nur noch halb so schön

Werder liegt zwar in der Tabelle zwei Plätze vor dem HSV, hat aber zwei Punkte weniger als am gleichen Spieltag der Abstiegssaison 1979/80

Es ist das hundertste Derby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV. Keine Begegnung hat es in der Fußball-Bundesliga öfter gegeben. Und die Sorge war wohl noch nie auf beiden Seiten so groß, dass es vorerst das letzte sein könnte.

Wenn die Erzrivalen am heutigen Samstag im Bremer Weserstadion aufeinandertreffen, müssen beide unbedingt punkten, damit sie nicht dem Abstieg einen großen Schritt näher kommen. Andererseits brauchen sie einander, um die Fußballstimmung im eigenen Lager hoch zu halten: Wenn es dem HSV dreckig geht, kann der Fan sich immer noch am Werder-Elend erfreuen – und umgekehrt. Und kein Triumph ist je so süß gewesen wie einer über den Verein aus der anderen Hansestadt. Deshalb hat HSV-Chefdiplomat Uwe Seeler vor dem Krisentreffen schon mal wissen lassen: „Ich drücke die Daumen, dass beide drinbleiben. HSV und Werder gehören in die Bundesliga.“

Zum Drinbleiben braucht der Tabellen-Sechzehnte HSV (19 Punkte) bei oberflächlicher Betrachtung dringender einen Sieg als der Vierzehnte Werder Bremen (22 Punkte). Wenn da nicht die Statistik wäre: Werder liegt schon zwei Punkte unter dem am gleichen Spieltag in der Abstiegssaison 1979/80 erreichten Punktestand – das hat Paul M. Schröder vom Bremer Büro für absurde Statistik (Basta) errechnet. Und noch schlimmer: Um am Saisonende wenigstens den gleichen Punktestand zu erreichen, der damals nicht gereicht hat, müssten die Bremer aus den verbleibenden zwölf Spielen 14 Punkte holen. Das aber ist ihnen laut Basta in dieser Saison noch keinmal an zwölf aufeinander folgenden Spieltagen gelungen.

Für den Start einer guten Werder-Serie stehen die genesenen Aaron Hunt und Clemens Fritz bereit, während der HSV ein Luxusproblem hat: Kapitän Rafael van der Vaart kann wieder auflaufen, aber nachdem das Team gegen Dortmund ohne ihn glänzte, ist vielleicht kein Platz für ihn.

In Bestbesetzung tritt die Bremer Polizei an: 1.000 Beamte sollen die Partie sichern, fünfmal so viele wie bei normalen Bundesligaspielen. Die Bundespolizei hat angekündigt, anreisende Fans schon in der Bahn auf Pyrotechnik zu kontrollieren.  JANK