Die Welt ist schon genug

Die „Tagesschau“ erklärt sich und ihre Nachrichten jetzt in Kinderbuchform

Thomas Roth sagt einen ungünstigen Satz. Er sagt: „Apartheid steht da drin. Kann ich nur empfehlen.“ Und meint damit den Stichworteintrag im Wissensbuch für Jugendliche, „Die Tagesschau erklärt die Welt“, dessen Vorstellung er am Dienstagabend als Hausherr des ARD-Hauptstadtstudios einleitet. Das halsbrecherische Ansinnen von Autorin Sylke Tempel lautet tatsächlich, die Welt zu erklären. Sie bietet eine kleine Geschichte von allem, aufgeteilt in die Ressorts Inland, Ausland, Wirtschaft, Kultur und Religion, Technik, Wissenschaft und Umwelt. „Agenda 2010“, „Hollywood“, „Computer“ und „Terroristen“ sind einige der Stichworteinträge neben längeren Essays. So lustig wie mit Roth wird es darin aber eigentlich nie, sondern klar, nüchtern, informativ. Tagesschauig halt.

Wie benutzt man nun dieses Kompendium? Die Macher würden wohl vorschlagen, ein paar Nachmittage mit dem Lesen der Hintergründe der Weltnachrichten zu verbringen, um dann wiederum während des Fernsehens beim passenden Stichwort den berühmten Aha-Effekt zu erleben: „Ah! Nato!“ Wenn die anvisierte Zielgruppe denn überhaupt zusehen würde. Laut einer Erhebung des ARD-eigenen Fachdienstes „Media Perspektiven“ guckt nicht einmal jedeR Dritte im Alter zwischen 14 und 29 Jahren Fernsehnachrichten. Aber vielleicht klappt es ja in Buchform. Die Idee: Von der Oma zum Geburtstag geschenkt, zieht „Die Tagesschau erklärt die Welt“ den nachrichtenunwilligen Nachwuchs, ruck, zuck, vom Gabentisch vor den Fernseher.

Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern scheint diese Vorstellung jedenfalls einige Freunde zu haben. „heute-journal“-Chef Claus Kleber bietet „Nachrichten, die Geschichte machten. Von der Antike bis heute“ als blitzschnelle Aufarbeitung der Welthistorie in Nachrichtenform an. Und für Kinder ab zehn haben die Macher der „Logo-Kindernachrichten“ ein eigenes Nachschlagewerk auf den Markt geworfen, das die Welt „von A bis Zebra“ ausbreitet. Nicht zuletzt hat ja auch die bald ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin Eva Herman in ihrem jüngsten Buch ihre ganz eigene Welt erklärt.

Bei der Buchvorstellung hat übrigens auch „Tagesschau“-Sprecher Marc Bator vorgelesen, und zwar den Eintrag „Computer“. Das klang so vertraut, da wollte man sofort in die Küche laufen und, mit halbem Ohr der Fernsehstimme lauschend, Brote schmieren. Zum Glück kann man das ab September auch vor 20.00 und nach 20.15 Uhr tun: Dann soll das Hörbuch zu „Die Tagesschau erklärt die Welt“ erscheinen. Neela Richter