Ein Satz mit Berghain und Barenboim

DER NEUE MANN FÜR KULTUR

Ein Umdenken könnte da nicht schaden

Nein, eigentlich war es nicht der Paukenschlag, von dem einige am Donnerstag sprachen. Als aus dem Popmusikmanager Tim Renner ein designierter Kulturstaatssekretär für Berlin wurde, da hätte man auch sagen können: Klar, logisch. Eine sinnvolle Wahl.

Denn wenn man sich anschaut, dass Berlin nach der Wende vor allem für eine junge Kreativkultur geschätzt wurde, scheint es doch nur nachvollziehbar, dass der de facto höchste zu vergebende Kulturposten des Landes an einen Vertreter der populären Kultur geht – an einen gar, der mal im Indierock zu Hause war, ehe er Konzernchef in der Musikindustrie wurde.

Aber nein, irgendwas rüttelte die Wahl des Ex-Universal-Chefs auf. Auf einmal wurde einem bewusst, wie verstaubt die kulturpolitische Sphäre oft ist, wie sehr in Deutschland noch in den Kategorien U- und E-Kultur gedacht wird. Ein Kulturstaatssekretär, der gerne hinter dem DJ-Pult steht und Barenboim und Berghain in einem Satz nennt, war bisher schlicht nicht vorgesehen.

„Herr Renner, wann waren Sie eigentlich das letzte Mal in der Oper?“, wurde Tim Renner bei der Pressevorstellung gefragt. Die Fragestellung pointiert das Bildungsbürgertumdenken, nach dem nur einer aus den Sphären der Hochkultur kulturstaatssekretieren kann. Man könnte ja auch mal die Berliner Bevölkerung fragen, wann sie zuletzt in der Oper war – und wann zuletzt auf einem Popkonzert. Renner übrigens sagte, er „trenne nicht zwischen E und U“, empfinde das als „Diskriminierung für beide Seiten“.

Renners Aufgaben? Vor allem Fragen der angemessenen Subventionierung verschiedener Kulturinstitutionen müssen genau jetzt neu gestellt werden –unabhängig von E, U oder sonst wem. Ein Umdenken könnte da nicht schaden. Ob Renner die Chance, die in der Amtsübernahme liegt, auch nutzen kann, ist am allerwenigsten klar. Einige wunde Stellen des kulturpolitischen Apparats aber bekam man schon mit seiner Ernennung zu spüren. JENS UTHOFF