UN-Millenniumsziele sind nicht mehr erreichbar

INFEKTIONEN Geplant war, dass spätestens in fünf Jahren die zunehmende Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten gestoppt wird. Doch es mangelt an Geld

Zur Bekämpfung der HIV-Epidemie wären dieses Jahr insgesamt 25 Milliarden Dollar nötig

Eigentlich soll bis zum Jahr 2015 die Ausbreitung von Aids, Malaria und anderen schweren Infektionskrankheiten zum Stillstand gebracht und eine allmähliche Trendumkehr erreicht werden. Doch dieser Teil der UN-Millenniumsziele ist in Gefahr. Noch immer kann Malaria für die Hälfte der Weltbevölkerung tödlich verlaufen, obwohl die Krankheit heilbar ist. Auch eine effektive Aids-Bekämpfung liegt noch in weiter Ferne.

In vielen Laboren werde weltweit mit Hochdruck an Impfstoffen gearbeitet, sagte Ralf Schumann vom Institut für Mikrobiologie der Berliner Charité, jedoch bisher noch ohne durchgreifenden Erfolg. „Das HI-Virus ist extrem variabel, daher erscheint es mir unwahrscheinlich, dass wir in naher Zukunft hier einen Erfolg sehen.“

Tödliche Allianzen

Immungeschwächte HIV-Infizierte erkranken besonders leicht an Tuberkulose (TB). Das und nicht etwa Aids ist laut dem UN-Programm UN-Aids etwa bei jedem vierten HIV-Infizierten die Ursache für den vorzeitigen Tod. „Die Tuberkulosebehandlung und die antiretrovirale Therapie müssen Hand in Hand gehen“, sagte der stellvertretende UN-Aids-Chef Paul DeLay. „Diagnostik und Therapie von HIV und TB müssen besser aufeinander abgestimmt werden.“

Das Teilziel, bis 2010 allen Betroffenen weltweit Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen, wurde jedenfalls klar verfehlt: Zwar hat sich in fünf Jahren die Versorgungsdichte für antiretrovirale Behandlung in den ärmeren Ländern verzehnfacht, dennoch hatten 2008 knapp 60 Prozent der HIV-Infizierten in den Entwicklungsländern keinen Zugang zu den erforderlichen Medikamenten.

„Im Kampf gegen Aids sind wichtige Erfolge erzielt worden. Aber es wird zu wenig für die Prävention getan, und deswegen können wir in einen Teufelskreis kommen“, sagte Renate Bähr, Chefin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Prävention sei ganz entscheidend, und zwar nicht nur mit Kondomen. „Ein Durchbruch konnte bei der Mikrobizidforschung erreicht werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich Frauen damit selbst vor einer Ansteckung schützen können. Deutschland hat die Forschung unterstützt. Dass das weitergeht, ist aber mit einem Fragezeichen versehen.“

Weniger Mittel

Wegen der Finanzkrise kürzen die meisten Industrieländer ihre Mittel für die Aids-Bekämpfung. „In den vergangenen Jahren sind die Beiträge gestiegen, jetzt sind sie im Zuge der Wirtschaftskrise erstmals rückläufig. Das ist außerordentlich besorgniserregend. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, steigt die Zahl der Neuinfektionen, wir haben kein Geld für die Forschung, und am Ende werden die derzeitigen Einsparungen die internationale Staatengemeinschaft teuer zu stehen kommen“, warnte DeLay.

Zur Bekämpfung der HIV-Epidemie in den ärmeren Ländern wären dieses Jahr insgesamt 25 Milliarden Dollar nötig, 16 Milliarden stünden aber nur zur Verfügung. „Präventionsmaßnahmen und die Behandlung von Aids-Patienten müssen aufgrund mangelnder Finanzierung einfach gestrichen werden“, warnte Renée Ernst, Deutschlandbeauftragte der UN-Millenniumskampagne. (dapd)