Trostlose Kleinstadtgeschichten

Das „Saddle Creek“-Label aus Ohama in Nebraska hat mehr zu bieten als „Bright Eyes“. Am Montag stellt die Indierock-Band „Cursive“ um Sänger Tim Kusher ihr fünftes Album „Happy Hollow“ im Knust vor

Mo, 28.8., 21 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30a

Nebraska gilt vielen als einer der langweiligsten Flecken der USA. Endlose Kornfelder, ab und an ein paar Farmen und vereinzelte Baumgruppen prägen die Region. „Getreidehülsen“ werden die Bewohner zuweilen genannt. Am Rand des Präriestaates gelegen, ist Omaha mit knapp 400.000 Einwohnern schon die größte Stadt. Was nach Einöde klingt, spornt die lokale Jugend indes zu kreativen Höchstleistungen an. So auch Tim Kusher, der Anfang der 90er mit dem gerade erst 16-jährigen Conor Oberst und „Saddle Creek“-Label-Gründer Robb Nansel in der Band „Commander Venus“ spielt. Schnell gilt deren Version von Indierock als das nächste große Ding aus Omaha. Doch dann sollte es anders kommen. Conor Oberst widmet sich äußerst erfolgreich seinem Projekt „Bright Eyes“ und auch Tim Kusher kanalisiert seine Energie in seine zweite Band „Cursive“.

Für deren manisch-depressiven Emo-Noiserock ist Kashers Gesang zwischen leiser Verzweiflung und leidenschaftlicher Wut bis heute maßgeblich. Doch auch hier ist nach zwei Platten zunächst Schluss und Kusher widmet sich seinem ungleich leiseren Projekt „The Good Life“.

Das Scheitern seiner Ehe lässt „Cursive“ 2000 wieder aufleben, das viel gelobte Konzeptalbum „Domestica“ erzählt die Geschichte des Paares vom ersten Blick bis zum desaströsen Ende. Nicht zuletzt die hinzugestoßene Cello-Virtuosin Gretta Cohn gibt der Band die dazu nötige Tiefe. Eine EP und eine Split-LP mit den japanischen Noisepoppern „Eastern Youth“ später sorgt „The Ugly Organ“ für Furore – neben dem immer unverzichtbarer werdenden Cello wirkt hier vor allem das titelgebende Instrument.

Seit diesem Monat steht nun das neue Album „Happy Hollow“ in den Regalen. So richtig fröhlich ist die Platte den Pessimisten um Kusher indes nicht gelungen – auch wenn man nun auf Cohns Cello verzichten muss. Eher kämpferisch. Denn sein eigenes weites Land ist Kusher längst zu eng geworden, seiner gottesfürchtigen Bewohner und ihres trostlosen Kleinstadtalltags ist er überdrüssig. Die nötige Gewalt zum Umsturz überlässt man dennoch vorerst der Natur – der Tornado wird’s schon richten.ROBERT MATTHIES