Viele Spekulationen, wenig Fakten

betr.: „Präsens oder Präteritum“ von Philip Meinhold, taz vom 17. 8. 06

In der ganzen Debatte geht unter, dass die SS eben nicht eine x-beliebige Institution war, sondern im Nürnberger Prozess zu Recht als verbrecherische Organisation verurteilt wurde. Dies trifft nun wahrlich auf den Reichsarbeitsdienst nicht zu, insofern ist jeder abwiegelnde Vergleich unsinnig.

Auch scheint sich niemand die Mühe machen zu wollen, herauszufinden, was die SS-Einheit, in der sich Grass befunden hat (gekämpft hat?), in den letzten Kriegstagen tat. Der Hinweis, bei Kriegsende habe es rund eine Million SS-Mitglieder gegeben, mit dem Rückschluss, dass diese dann so schuldig nicht sein könnten, führt in die Irre. Das Gesetz der großen Zahl = Unschuld ist schlicht falsch. Gerade die Geschichte des Nationalsozialismus zeigt, dass es durchaus auch eine Million Verbrecher geben kann. Im Übrigen haben SS-Einheiten auch noch in den letzen Kriegstagen nachweislich Morde begangen, z. B. Gefangene aus KZ erschossen. Weniger Spekulationen, mehr Fakten – das wäre eine bessere, eine ehrliche Diskussionsgrundlage. ANNE SCHULZ, Köln

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