Falschaussage entlarvt

Das Video: Auf einer Anti-Nazi-Demo im August 2006 in Pankow kommt es zu einer Festnahme. Mehrere Polizisten schnappen sich einen Demonstranten mit Iro und grauem T-Shirt. Sie ringen ihn zu Boden, einer der Beamten schlägt ihm die Faust ins Gesicht. Dann ein Cut. Anschließend liegt der Festgenommene benommen auf dem Boden, ein Polizist kniet auf ihm. Blut tropft auf das Pflaster.

Die Konsequenzen: Der heute 31-jährige Paul B. erleidet einen Schädelbruch. Die Polizisten begründen B.s Festnahme damit, dass dieser einen Stein habe werfen wollen. Er wird wegen schweren Landfriedensbruchs zu 17 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. B. stellt Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, das Verfahren wird eingestellt. Erst im Mai 2010 stößt B.s Anwalt auf das Video – in dem B. keinen Stein hält. B. stellt Anzeige wegen Falschaussage gegen drei Polizisten. Die Ermittlungen laufen noch. Hat die Anzeige Erfolg, will B. eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen.

Die Lektion: „Schade, dass das Video erst nach dem Prozess aufgetaucht ist“, sagt Sebastian Scharmer, Anwalt von Paul B. Es sei aber gut, dass die Aufnahmen die Behauptungen der Polizisten zumindest im Nachhinein eindeutig widerlegten. „Oft blenden Polizeivideos bei konkreten Festnahmen weg“, weiß Scharmer. „Wenn Demonstranten mitdokumentieren, kann man dem etwas entgegenhalten.“ Auch vor Gericht würde eher einem Polizisten als einem Angeklagten Glauben geschenkt. Videos hätten ihm da schon öfter bei Polizisten geholfen, „die es nicht so genau mit der Wahrheit nehmen“, sagt Scharmer.

Katharina Spieß, Sicherheitsexpertin von Amnesty International, sieht auch die Polizeiführung in der Pflicht. „Es muss von oben eindeutige Signale geben, dass alle ernst zu nehmenden Vorwürfe gegen Polizisten umfassend aufgeklärt werden.“ Videos könnten im Einzelfall für Aufklärung sorgen. Besser aber wäre eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten. KO