Die Streber rennen los

Düsseldorf, Hagen und Hamm lösen ihre Schulbezirke freiwillig schon 2007 auf. Kritiker vermuten dahinter einen Deal um mehr Lehrerstellen – und befürchten die Schließung von kleineren Schulen

VON NATALIE WIESMANN

Die Städte Düsseldorf, Hagen und Hamm treiben den Wettbewerb unter den Grundschulen voran: Sie wollen die Schulbezirke bereits 2007 abschaffen – obwohl dies gesetzlich erst 2008 vorgeschrieben wird.

In der Landeshauptstadt hat der Stadtrat am Donnerstag bereits mit den Stimmen von CDU und FDP im Rat beschlossen, die Grundschulbezirke zum Schuljahr 2007/2008 aufzulösen. Die Eltern haben dann die Möglichkeit, ihre Kinder an einer Schule ihrer Wahl anzumelden. Allerdings haben Kinder aus der Nähe der jeweiligen Grundschule weiterhin Vorrang bei der Vergabe der Plätze.

Schulministerin Barbara Sommer (CDU) lobte die Entscheidung des Düsseldorfer Stadtrats: „Das wird den Wettbewerb der Grundschulen um pädagogische Konzepte voranbringen und in der Folge zu einer vielfältigeren, bunteren Schullandschaft beitragen“, sagte Sommer. Von den Erfahrungen könnten die anderen Kommunen in NRW profitieren.

Auch Hagen und Hamm wollen vorbildliche Kommunen sein. Mit den Stimmen von CDU und FDP haben die Schulausschüsse beider Städte sich bereits für eine verfrühte Auflösung der Schulbezirke ausgesprochen, die Zustimmung der Stadträte gilt als sicher.

Die freie Grundschulwahl gilt als eine der umstrittensten Neuregelungen im Schulgesetz. Die Gegner fürchten, dass nur bildungsnahe und reiche Eltern die Gelegenheit nutzen, ihre Kinder auf eine bessere Schule in einem anderen Stadtteil anzumelden. Dadurch würden Schulen in bildungsärmeren Stadtteilen noch mehr zu „Gettoschulen“ verkommen, argumentieren etwa die Lehrergewerkschaften GEW und VBE.

Auch der Städtetag NRW war von Anfang an gegen die Aufhebung der Schulbezirke: „Wir fürchten, dass Schulen geschlossen werden müssen“, sagt der Bildungsexperte des Städtetags, Klaus Hebborn. Außerdem führe die Regelung zu einer Planungsunsicherheit und bedeute einen riesigen Verwaltungsaufwand. Deshalb versteht Hebborn nicht, warum Städte wie Düsseldorf und Hagen nun auch noch die Regelung vorziehen wollten: „Das Anmeldeverfahren wird im Chaos enden“, prophezeit er.

Rudi Voller, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Stadtrat glaubt, dass dem Vorpreschen seiner Stadt ein Deal mit dem Schulministerium zu Grunde liegt: „Als Kompensation wurden uns zusätzliche Lehrerstellen versprochen.“ Er habe von etwa 15 bis 35 neuen Lehrern gehört. Das wird im Ministerium negiert: „Düsseldorf hat keinen Vorteil von der früheren Auflösung der Bezirke“, sagt Sprecher Herbert Spies.

Voller hat im Stadtrat auch gegen die Auflösung gestimmt, weil er die Existenz der weniger beliebten Schulen bedroht sieht. „Das wird dadurch verstärkt, dass demnächst nur noch Klassen mit mindestens 18 Schülern gebildet werden können. Bisher reichten 15 Schüler.“

Tatsächlich steht in einem Jahr eine Erneuerung von Schulverordnungen an, bestätigt Spies vom Schulministerium. „Darunter fällt auch, dass Klassenbildungswerte neu überdacht werden sollen.“ Ob nach unten oder nach oben, könne er nicht sagen.