Mit Drohungen und mit Dollars

DIPLOMATIE Macht- und ratlos versuchen die USA, die Nato und Europa, Putin vom Interventionskurs abzubringen. Konten sollen eingefroren werden, der G-8-Gipfel in Sotschi könnte platzen

WASHINGTON taz | Mit Warnungen an Moskau bemühen sich die USA und die Nato um eine Entschärfung der Krimkrise.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte in Brüssel, Russland bedrohe Frieden und Sicherheit in Europa. Er rief die Moskauer Regierung dazu auf, die Lage zu entspannen. Auf die Bitte der Ukraine um militärischen Beistand ging Rasmussen nicht ein.

US-Außenminister John Kerry sagte, Russland verhalte sich wie im 19. Jahrhundert und marschiere in andere Länder unter Verweis auf frei erfundene Gründe ein, sagte er. Kerry drohte mit ernsten Konsequenzen wie Reisebeschränkungen und dem Einfrieren von Guthaben.

Wenn der Konflikt weiter eskaliere, könne es Russlands Staatschef Wladimir Putin passieren, dass es „keinen G-8-Gipfel in Sotschi“ geben werde, der für Anfang Juni geplant ist, so Kerry. Die USA, Kanada, Großbritannien und Frankreich kündigten an, die Gespräche zur Vorbereitung des Gipfels auszusetzen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kritisierte Russland und sprach von einer unrechtmäßigen Eskalation

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an Russland: Noch ist Umkehr möglich. Noch kann eine neue Spaltung Europas verhindert werden.“ Er verlangte von Russland, seine Streitkräfte nur im vertraglich festgelegten Rahmen einzusetzen, und von der neuen Regierung in Kiew, die russische Minderheit im Land zu schützen.

US-Präsident Barack Obama telefonierte am Samstag eineinhalb Stunden lang mit Putin. Nach dem Telefonat veröffentlichten das Weiße Haus und der Kreml ihre Versionen der Geschichte. Aus Washington verlautete, Obama habe an Putin appelliert, für eine Deeskalation in der Ukraine zu sorgen, seine Truppen abzuziehen und von jeder weiteren Einmischung in der Ukraine abzusehen. Umgekehrt rechtfertigte der Kreml die Intervention in der Ukraine mit „Gefahren für Leben und Gesundheit von russischen Bürgern“.

Beeindruckt haben die Drohungen aus der US-Regierung weder in Moskau noch in Kiew noch innenpolitisch in Washington. Obamas ehemaliger republikanischer Gegenkandidat von 2008 und jetziger Senator für Arizona, John McCain, forderte den US-Präsidenten auf, konkreter zu werden. Nachdem Obama am Freitag gedroht hatte, eine Verletzung der ukrainischen Souveränität werden „einen Preis“ für Russland haben, verlangte der Republikaner, dass der US-Präsident diesen „Preis“ definiert. „Er muss sagen, worin dieser Preis besteht und Schritte tun, um das durchzusetzen“, sagte McCain. Sonst werde Putin wegen der US-amerikanischen Untätigkeit „noch mehr Ehrgeiz und Aggressivität“ entwickeln.

US-Außenminister John Kerry hat der ukrainischen Regierung, in deren Kasse ein großes Loch klafft, derweil eine sofortige Leihgabe in Höhe von einer Milliarde US-Dollar angeboten. Im Telefonat mit dem amtierenden ukrainischen Präsidenten Olexandr Turtschynow sprach Kerry am Samstag von der „starken Unterstützung der USA“ für die Selbstbestimmung des ukrainischen Volkes. DOROTHEA HAHN