PALÄSTINA: DIE KOALITION AUS HAMAS UND FATAH MUSS HER – SCHNELL
: Die Misere ist auch hausgemacht

Zu vage, zu wenig, zu spät. Palästinas politische Klasse gibt nicht gerade ein gutes Bild ab in diesen Wochen. Die Ursache dafür liegt nicht nur in der militärischen Belagerung durch Israel und dem wirtschaftlichen Boykott durch Europa und die USA. Die Misere ist auch hausgemacht.

Angesichts der Not und des Elends, unter denen die PalästinenserInnen seit Monaten entsetzlich zu leiden haben, ist es längst überfällig, eine palästinensische Einheitsregierung zu bilden. Die Fatah-Präsidentschaft und die Hamas-Regierung stehen in der Verantwortung für ihr Volk. Sie müssten alles tun, um das Leiden zu lindern, und das auf eine pragmatische Art und Weise. Stattdessen produziert die palästinensische Führung heiße Luft – mehr ist die Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen über die Bildung einer gemeinsamen Regierung nicht.

Hamas-Sprecher haben bereits angekündigt, dass sie aufgrund ihrer parlamentarischen Mehrheit auch das Recht fordern, den Regierungschef und die meisten Minister zu stellen. Die Fatah ihrerseits will in eine Regierung nur eintreten, wenn ihr ein nennenswerter Brocken des ministeriellen Kuchens geboten wird. Schließlich könnte ihr Regierungseintritt ja die internationalen Hilfsgelder wieder lockermachen. Das Gefeilsche um Macht und Repräsentanz dürfte sich über Wochen, wenn nicht Monate hinziehen. Vielleicht sogar, bis die soziale und wirtschaftliche Lage in den palästinensischen Gebieten endgültig kollabiert und massive internationale Hilfe hermuss.

Dabei haben alle palästinensischen Gruppierungen bereits eine wichtige Konsequenz aus dem Chaos der letzten Wochen gezogen und einen einseitigen Waffenstillstand erklärt. Das ist die vernünftigste palästinensische Entscheidung seit Antritt der Hamas-Regierung. Daraus müssten jetzt freilich politische Konsequenzen gezogen werden. Und die können nur in einer Koalitionsregierung mit einem höchst pragmatischen Programm bestehen. Dafür müsste die Hamas über ihren fundamentalistischen Schatten springen. Den PalästinenserInnen ist sie das schuldig. GEORG BALTISSEN