Zweikampf in der hessischen SPD

Fraktionschef und Parteivorsitzende streiten sich um Spitzenkandidatur. Ministerpräsident Koch freut sich

WIESBADEN taz ■ Die hessische SPD macht dem Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) zurzeit viel Freude, streitet sie sich doch ohne Not schon jetzt um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 – und offenbart dabei vor allem eines: ihre personelle Schwäche.

SPD-Fraktionschef Jürgen Walter stellte am Freitagabend eine Kampfkandidatur um die Rolle des Koch-Herausforderers in Aussicht. Damit reagierte er auf die überraschende Ankündigung der Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti, gegen Koch kandidieren und den Christdemokraten 2008 aus dem Amt jagen zu wollen.

Dabei hatte Walter erst vor Monatsfrist erklärt, sich auf gar keinen Fall auf eine Spitzenkandidatur einlassen zu wollen. Zuvor schon hatte der einzige SPD-Politiker in Hessen, vor dem sich die CDU eventuell gefürchtet hätte, sein Desinteresse an dem Job verkündet: Der frühere Oberbürgermeister von Offenbach, Gerhard Grandke, bleibt lieber in der freien Wirtschaft.

Dass Walter nun doch seinen Hut in den Ring wirft, hängt vor allem damit zusammen, dass sich der Fraktionsboss und die Parteichefin nicht mögen. Seit Jahren schon pflegen sie ein Verhältnis wie Hund und Katz. Zuletzt düpierte die Soziologin Ypsilanti den Juristen Walter mit der Anmerkung, dass die Haltung von Partei und Fraktion in der Frage des Frankfurter Flughafenausbaus völlig offen sei. Dabei hatte Walter zuvor gesagt, dass sich die Fraktion bei der anstehenden Landtagsabstimmung für den Bau einer neuen Landebahn aussprechen werde.

Es geht nichts zusammen zwischen Ypsilanti und Walter. Die 49-jährige Rüsselsheimerin Ypsilanti ist die Ikone der Linken in die Partei. Um den 38-jährigen Walter scharen sich die Gemäßigten und die Rechten. Die traditionell linken Südhessen sind für Ypsilanti, die Nordhessen neigen eher zu Walter. Bei ihrer Wiederwahl zur Parteivorsitzenden vor knapp zwei Jahren kam Ypislanti nur auf 69,3 Prozent – ohne Gegenkandidaten.

Um einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, brachte Walter – ohne einen Namen zu nennen – noch schnell „eine Person aus der Bundespartei“ ins Gespräch. Eine Vorentscheidung über die Spitzenkandidatur fällt am 19. September auf einer Landesvorstandssitzung, auf der die „programmatischen Grundlagen für den Landtagswahlkampf“ festgelegt werden sollen. Auf einem Landesparteitag im November soll dann der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin gekürt werden.

Egal ob Walter oder Ypsilanti – die Union dürfte den Sieg bei der Landtagswahl insgeheim schon feiern. Vielleicht freut sie sich, je nach politischer Lage in Berlin, aber zu früh. Geht Koch am Ende doch noch in die Bundespolitik, hätte die CDU ein ähnliches Problem wie jetzt die SPD.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT