„Wofür Europa steht“

EUROPA Roland Heintze diskutiert über krumme Gurken, Butterberge und das Ansehen der EU

■ 40, stellvertretender Vorsitzender und europapolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft.

taz: Herr Heintze, verbinden die Bürger mit der EU noch immer krumme Gurken und gerade Bananen?

Roland Heintze: Ich würde sagen, sie verbinden das noch zu sehr damit, was ich schade finde. Tatsächlich wird zu viel im Leben der Bürger reguliert, in den großen Fragen wird hingegen noch zu wenig gemacht. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob wir die Ökodesign-Richtlinie brauchen, bei der sich die Kommission mit dem Design von Staubsaugern und Duschköpfen beschäftigt.

Womit sollte sie sich stattdessen beschäftigen?

Wir brauchen ein Asylrecht, an dessen Regeln sich auch alle halten: Das hat Italien zum Beispiel jüngst nicht getan.

Ist das ein verbreitetes Problem in der EU?

Das Gleiche gilt für die Frage des Staatshaushaltes. Wenn wir Regeln haben, dann müssen wir sie auch durchsetzen können. Das sind Fragen, die für Kommission und Parlament deutlich wichtiger sind als die, wie ein Staubsauger optimalerweise ökologisch verträglich arbeitet.

Gab es inhaltliche Erfolge des Parlaments?

Es hat sich seit den krummen Gurken einiges getan: Es gibt eine Wahl zum Kommissionspräsidenten, seit Bologna haben wir unter anderem die finale Zustimmung zu internationalen Verträgen. Das hat die Stellung des Europaparlaments deutlich gestärkt.

Hapert es an Eigen-PR der Kommission?

Ja, was ich sehr gut finde, ist, dass viele Parteien einen europäischen Spitzenkandidaten aufgestellt haben. Das gab es bisher nicht. Damit haben die Bürger schon mal ein Gesicht, das sie mit der Partei verbinden. Außerdem muss man überlegen, wie man das, was das Europa-Parlament macht und darf, stärker medial vermittelt.

Was ist derzeit für Sie die wichtigste Aufgabe der EU?

Man muss deutlich machen, wofür Europa eigentlich steht – und das war in den vergangenen Tagen ziemlich gut zu sehen: Angesichts dessen, was derzeit in der Ukraine passiert, auch im Binnenverhältnis zu Russland, muss jedem klar sein, dass das, was wir hier in Europa über die letzten 66 Jahre hinweg entwickelt haben, sowohl zu Stabilität als auch zu Wohlstand beiträgt. INTERVIEW: FRIDA KAMMERER

„Das Europäische Parlament – Stimme der Bürger“ mit Ingo Espenschied und Dr. Roland Heintze: 19 Uhr, Staats und Universitätsbibliothek, Lichthof, Eingang Edmund-Siemers-Allee