Wesley, neu in Bremen
: Kein Diego

■ Brasilianer, medienkompetent und glücklich, bei Werder Bremen zu sein.Foto: dpa

Besonders selbstbewusste Kommentatoren sehen einen Spieler 20 Minuten und geben dann ein wie in Stein gemeißeltes Urteil ab: „Der Wesley ist kein Stratege wie Diego.“ Es ist nicht überliefert, wie oft Sky-Reporter Marcel Reif sich Werder Bremens Neuzugang Wesley schon bei dessen Ex-Club FC Santos in Brasilien angeguckt hat – bei allen, die den 23-jährigen Mittelfeld-Allrounder beim 0:0 bei Bayern München das erste Mal sahen, weckte er durchaus die Hoffnung, Werders Spiel gestalten zu können.

Klar war er gegen den deutschen Meister stark mit defensiven Aufgaben beschäftigt. Aber er zeigte bei seinen Aktionen in der vordersten Mittelfeldposition schon viel Abgeklärtheit und Spielverständnis. Keine Spur von Anpassungsproblemen. „Im Mittelfeld wird so diszipliniert und konsequent eng gedeckt“, erläuterte er die Umstellung auf die Bundesliga. „Aber das gefällt mir sehr, das kommt meiner Spielweise entgegen.“

Den Unterschied zu Werders ehemaligem Spielmacher benennt Trainer Thomas Schaaf so: „Wesley ist nicht so verspielt wie Diego, etwas klarer in seinen Aktionen.“ Die Verpflichtung von Wesley ist die konsequente Weiterführung der Linie, die mit dem Wechsel von Diego zu Özil eingeschlagen wurde: Weg vom Zampano, hin zum Taktgeber für die Mannschaft, der die Nebenspieler stark macht.

Diese Verpflichtung wurde für Werders Verhandlungsführer Klaus Allofs zu einer Poker-Partie mit dem FC Santos. Dank Wesleys Medienkompetenz saßen die Fans dabei mit am Tisch: „Ich gehe zu Werder. Eine Umarmung an Werders Bosse für die Aufmerksamkeit“, twitterte Wesley Mitte August, um zwei Stunden später die Wende zu verkünden: „Santos hat mich gerade angerufen und sagte mir, dass nichts entschieden ist. Schachtjor will die Ablöse zahlen. Jetzt werden wir die Angebote anschauen. Jetzt ist alles konfus.“

Ähnlich locker und ungezwungen präsentierte er sich bei seinem ersten Live-Auftritt in Bremen: „Hallo, alles klar?“, begrüßte er die Journalisten. Dass er in der nächsten Zeit trotzdem auf einen Dolmetschers angewiesen sein wird, stört Schaaf nicht, da er für die Verständigung mit den Teamkollegen das fußballerische Wissen als entscheidend ansieht: „Und das ist bei Wesley vorhanden.“

Auch neben dem Platz integriert sich der Brasilianer so schnell wie einst Diego und Naldo. Der derzeit verletzte Innenverteidiger wirkt nicht nur optisch wie sein großer Bruder, er ist auch bereits sein wichtigster Ansprechpartner geworden. „Obwohl er erst ein paar Tage hier ist, kommt es mir vor, als würden wir uns schon lange Zeit kennen“, sagt Naldo und beschreibt seinen neuen Kumpel als „offen, zugänglich und fröhlich“. Sieht so aus, als hätten Allofs und Schaaf nicht nur fußballerisch mal wieder einen gutes Händchen gehabt. RLO