Universelle Straße zum Verstand

Nach 25 Jahren erweitert das Theater an der Ruhr in Mülheim seine Internationalen Theaterlandschaften

Eine zerrüttete Familie. Ein Sohn. Ein Freundeskreis. Alle sind auf der Suche nach alternativen Möglichkeiten, den Zusammenhalt der Familie zu retten. Sie müssten nur den Schritt nach draußen wagen. Doch was ist, wenn die Türen verschlossen sind? Die kurze Beschreibung des Stücks „Balkon“ von Ermek Amanschayev zeigt keine Anzeichen, ein speziell kasachisches Problem zu transportieren. Gespielt wird es am Donnerstag in Mülheim vom Staatlichen Russischen Lermotov-Schauspieltheater aus Almaty. Die kasachische Stadt ist mega-multikulturell. Theaterstücke werden in sechs Sprachen aufgeführt, von koreanisch, usbekisch – bis deutsch.

Das Mülheimer Theater an der Ruhr holte einige Produktionen zum 25-jährigen Bestehen nach Deutschland. Genauso lange hält das wichtige Konzept eines kontinuierlichen internationalen Austauschs. Mehr als 34 Länder haben Roberto Ciulli und seine Truppe seit der Gründung bereist, mindestens ebenso viele Theater aus diesen Ländern waren am Raffelbergpark zu Gast. In den letzten Jahren dominierte die Theaterlandschaft der so genannten Seidenstraße, fürs Jubiläum wurde das Programm erweitert: Bis Dezember kommen auch Schauspielhäuser aus Serbien und Montenegro, aus Ungarn, Litauen und Slowenien. Auch da wird es keine Sprachschwierigkeiten geben. Theater spricht eine universelle Sprache, die Menschen jenseits aller nationalen, kulturellen, religiösen und politischen Unterschiede verstehen. So hat das Theaterchef Ciulli immer gesehen.

Das Republikanische Deutsche Schauspielhaus in Almaty zeigt „Lady Milford aus Almaty“ von Bulat Atabaev (Freitag). „Wo ist mein Zuhause?“ fragt sich darin die russlanddeutsche Schauspielerin, der es in Deutschland materiell im Vergleich zu Kasachstan gut geht, weil sie als Putzfrau eine Arbeit gefunden hat. Ihr fehlen jedoch berufliche Erfüllung und die soziale Akzeptanz. Fragmente aus dem Klassiker „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller, Texte von Roberto Ciulli und Interviewmaterial mit Deutschen und Russlanddeutschen fügt der Autor, Regisseur und Theaterleiter Bolat Atabajew so zu einer Reise in das gespaltene Ich einer Heimatlosen. PEL

Infos: 0208-599010