der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… hat seine Metropole gefunden, die Hauptstadt der Schwulen ist und bleibt Berlin. Als Sahnehäubchen gab es vor fünf Jahren noch einen schwulen Bürgermeister obendrauf, der inzwischen der populärste Schwule unter den Schwulen ist. Unangefochten landete Klaus Wowereit unlängst im Schwulenmagazin Hinnerk auf Platz eins in der Liste der wichtigsten 100 homosexuellen Männer Deutschlands.

Jetzt kommt ein heterosexueller Hannoveraner daher und will Wowereit den Posten streitig machen, nicht den des Lieblings aller Schwulen, aber den des Hauptstadt-Regierenden. Zwar hat Friedbert Pflüger dabei überhaupt keine Chancen, aber er nutzt sie alle. Die Summe der Fettnäpfchen, in die dieser Mann schon getappt ist seit Verkündung seiner Kandidatur, ist dermaßen beachtlich, dass man dahinter eine ausgefuchste PR-Strategie vermuten möchte.

Selbstverständlich hat sich Pflüger auch an Berlins schwule Szene rangewanzt. Bei einem Besuch in einem Szene-Restaurant betonte er immer wieder, dass er hetero sei „und das ist weder gut so noch schlecht“, in billiger Anlehnung an die inzwischen historischen Wowereit-Worte. Ein geschickter Einstieg in den Dialog mit den Schwulen, man betont zunächst das Trennende, um dann herauszuarbeiten, was man als Politiker den Schwulen auf gar keinen Fall zugestehen möchte: die völlige Gleichstellung für homosexuelle Paare oder das Recht auf Adoption.

Im Interview mit dem Schwulenmagazin Männer aktuell erläutert Pflüger sein „Schwulenprogramm“ und startet mit einem mutigen Bekenntnis: „In meinem Bekanntenkreis habe ich seit eh und je Schwule“, und: „Enge Mitarbeiter von mir sind schwul.“ So viel sympathische Sachkompetenz ermöglicht dem Kandidaten, die schwulen Freunde vor allzu viel Übermut zu warnen: „Sie sollten wissen, dass es in der Berliner Bevölkerung nach wie vor Vorbehalte gegenüber Homosexuellen gibt.“ Keine Zweifel, die Oberen sind immer schlauer als das Volk: „Ich bin davon überzeugt, dass die Politik wesentlich weiter ist als die Bevölkerung.“ So wie in seiner Partei: „Mittlerweile bekennen sich sogar führende CDU-Politiker zu ihrer Homosexualität.“ Glatt gelogen, nicht ein einziger „führender“ CDU-Politiker hat sich bislang als Schwuler geäußert. Und kommen Sie jetzt ja nicht mit Ole von Beust!

Aber was tut man nicht alles, um sich einer möglicherweise zahlenstarken Wählergruppe an den Hals zu schmeißen? Schwule Polizisten würde er besuchen, antwortet Pflüger auf die Frage, was er denn schwulenpolitisch anpacken würde als Bürgermeister, oder auch einen schwulen Info-Laden und natürlich die Aidshilfe. Nur eines nicht, ein Grußwort für die Leder- und Latex-Freunde auf dem alljährlichen Folsom-Straßenfest, nein, das sei mit ihm nicht zu machen.

Falls man jetzt immer noch Zweifel hat an Pflügers Schwulenfreundlichkeit, so sollte man auf der Leserbriefseite des gleichen Magazins die Beichte von Sascha Steuer nachlesen, dem Pressesprecher von Friedbert Pflüger: „Ich bin schwul und mache daraus in der CDU kein Geheimnis.“ Na, das ist doch was, wenn der Chef schon selbst mit keinen passenden Enthüllungen dienen kann, dann muss eben der Adlatus ran.