Die Eisfabrik Berlin

Eine Bürgerinitiative setzt sich für den Erhalt des Denkmals und den Erhalt ihres Zuhauses ein

■ Im Jahre 1896 wurden in der Köpenicker Straße 40–41 eine Eisfabrik und das dazugehörige Maschinen- und Kesselhaus sowie Pferdeställe und Nebengebäude erbaut. Das Ensemble gehört zu den ältesten noch erhaltenen Eisfabriken in Deutschland. Hier wurde ab 1914 auch das bekannte Stangeneis hergestellt. Die Fabrik war bis 1995 in Betrieb.

■ Trotz Denkmalschutz und des Engagements vieler Bürger sind noch immer Teile der Fabrik vom Abriss bedroht.

■ Im Netz:www.berlin-eisfabrik.de

Sie wollen nicht aufgeben: Obwohl seit Mitte Mai der Abriss der beiden Kühlhäuser der über hundert Jahre alten Eisfabrik in Berlin-Mitte läuft, engagieren sich die BewohnerInnen der Wohnungen im Vorderhaus weiterhin für den Erhalt der Gebäude.

Am vergangenen Wochenende zeigten sie anlässlich des bundesweit stattfindenden „Tages des offenen Denkmals“ eine Ausstellung, mit der sie auf den drohenden Abriss der Kühlhäuser aufmerksam machten. Am kommenden Wochenende wird die Ausstellung über die Geschichte der Eisfabrik erneut geöffnet.

Derzeit wird lediglich die Korkdämmung der Kühlhäuser abgetragen, ist dieser Schritt aber abgeschlossen, werden sie sehr schnell aus dem Stadtbild verschwinden. „Das darf nicht geschehen, da die Kühlhäuser einen unersetzbaren historischen Wert haben“, erklärte der Hausbewohner Peter Schwoch und Mitglied der Initiative Eisfabrik Berlin in einem Gespräch mit der taz. Deshalb werde man weiterhin Druck machen.

Um effektiver dem Abriss der gefährdeten Eisfabrik entgegenzutreten, schlossen sich die BewohnerInnen 2006 zur der Initiative Eisfabrik Berlin zusammen. Für sie geht es bei ihrem Engagement aber nicht nur um den Erhalt des Denkmals, sondern auch ihres Zuhauses. Schwoch lebt bereits seit 20 Jahren in der Eisfabrik: „Ich möchte auch weiterhin an der Spree wohnen bleiben“, sagte er. Außer ihm leben derzeit nur noch sechs andere Parteien in dem Haus, da die TLG keine neuen Mietverträge ausstellt.

Die Erfüllung dieses Wunschs wäre bestimmt einfacher, hätte die Eisfabrik nicht die staatseigene Immobiliengesellschaft TLG als Eigentümerin, die 1995 das Grundstück übernahm. Die hält nämlich gar nichts von Altbauten: „Das gehört uns, damit können wir machen, was wir wollen“ oder „Was nicht auf der Denkmalliste steht, dürfen wir abreißen“ sind Zitate von TLG-VertreterInnen, die der Verein Kultur-Landschaft für eine 2003 veröffentlichte Infobroschüre gesammelt hat.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass die Gesellschaft nicht einmal vor denkmalgeschützten Gebäuden haltmacht: 1999 riss sie beispielsweise die Schinkel- und Persiusspeicher in der Potsdamer Speicherstadt ab. Auch die Berliner Eisfabrik mit ihren Kühlhäuser ist denkmalgeschützt. „Und die reißen sie jetzt einfach ab, obwohl sich noch kein Investor für das Gelände der Kühltürme gefunden hat“, monierte Schwoch. Für die Kühlhäuser erreichte die TLG 2007 eine Abrissgenehmigung beim Baustadtrat von Berlin-Mitte, Ephraim Gothe (SPD), ein Schritt, den er heute bereut, der aber nicht umkehrbar ist.

Von den Kühlhäusern einmal abgesehen, konnte die Initiative dennoch in den vergangenen vier Jahren große Erfolge erringen. So erklärte die TLG 2007, dass die Eisfabrik inklusive Schornstein, das Maschinenhaus und das Kesselhaus erhalten und darüber hinaus alle Wohnungen saniert werden sollen. Zudem erhielt die Eisfabrik 2008 einen Investor, den Eigentümer des direkt gegenüberliegenden Radialsystems, der aus den Räumen eine Kunsthalle machen möchte. Ebenfalls kaufte er Kessel- und das Maschinenhaus und würde auch die Kühlhäuser erwerben, um sie zu erhalten. Die TLG will jedoch nicht verkaufen.

Diese Erfolge sind auf die Arbeit der Initiative zurückzuführen: Sie schmiedete Bündnisse mit den AktivistInnen von Mediaspree, dem Bund deutscher Architekten und der Bundesstiftung Baukultur, um so politischen Druck auf die TLG auszuüben. Letztere verabschiedeten sogar Resolutionen, in denen auf den unbedingten Erhalt des Ensembles hingewiesen wird. Darüber hinaus organisierte die Initiative Demos.

Auch band sie in der Vergangenheit erfolgreich die Politik in ihren Protest ein. Am 9. April besuchte beispielsweise Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Eisfabrik. Die Fraktionen der Grünen von Berlin-Mitte sowie Kreuzberg-Friedrichshain haben bei der TLG gegen den Abriss protestiert. Die BewohnerInnen wollen versuchen, jetzt, wo der politische Druck da ist, abzusichern, dass sie in der Eisfabrik wohnen bleiben können. „Ist die Aufmerksamkeit nämlich erst mal verpufft, wird es ein Leichtes sein, uns vor die Tür zu setzen“, berichtete Schwoch. Es sei jedoch schwer, Leute zu finden, die diesen Kampf mit unterstützen. Die TLG versucht jedenfalls mit allen Mitteln, die BewohnerInnen rauszuschmeißen.

Für ihren „Tag des offenen Denkmals“ bereitete die Initiative eine Ausstellung vor, die den BesucherInnen die Geschichte und somit auch die Bedeutung der Eisfabrik nahebringen soll. Gern würde sie auch eine Führung organisieren, doch der Zutritt zum Denkmal ist seit Jahren nicht gestattet. Für die bloße Ankündigung eines „offenen Denkmals“ erhielten die BewohnerInnen 2007 die fristlose Kündigung ihrer Mietverträge.

Die Initiative freut sich über jeden, der Lust hat, sich zu engagieren und ordentlich Wirbel zu machen. „Mit mehr Leuten könnten wir noch mehr bewirken“, da ist sich Schwoch sicher.

LUKAS DUBRO