RUDOLF BALMER ÜBER DIE GEZIELTE DISKRIMINIERUNG VON ROMA IN FRANKREICH
: Auf frischer Tat ertappt

Eine Anweisung des Innenministers zeigt, dass von ganz oben zur Hatz auf Roma geblasen wurde

Gleich drei Mal kräht es der gallische Hahn von den Dächern: Die Pariser Regierung hat gelogen. Ihre gegen die Roma gerichtete Politik war, wie jetzt schriftlich bewiesen und belegt ist, von Anfang speziell gegen diese ethnische Gruppe gerichtet. Das aber ist diskriminierend und illegal.

Mit der Veröffentlichung der internen Anweisungen aus dem Innenministerium bricht die Verteidigung der französischen Regierung wie ein Kartenhaus zusammen. Zum Skandal einer vom Präsidenten gewünschten, von Ministern geplanten und von den Polizeipräfekten beflissen in die Tat umgesetzten und gezielten Anti-Roma-Kampagne kommt die Peinlichkeit der nachträglichen Enthüllung.

Offiziell hieß es, die Roma-Lager würden nur aus humanitären und hygienischen Gründen „evakuiert“. Das staatliche Vorgehen sei quasi unvermeidlich, weil es sich bei diesen Hüttenlagern in der Regel um illegal besetzte Gelände handle. Doch aus dieser Begründung ist nun die Luft raus. Das ist ein Triumph für die – nicht sehr zahlreichen – NGOs, die den Roma mit Rat und Tat zur Seite stehen, und all jene, welche die Politik der Regierung von Anfang an kritisiert und sich mit den Roma solidarisiert haben. Wie Komplizen von Gesetzesbrechern wurden sie von offizieller Seite behandelt. Nun sehen sie sich ins Recht gesetzt, während das Unrecht der Regierung offenbar wird.

Sarkozy hatte geglaubt, dass die Roma in der französischen Gesellschaft aufgrund langlebiger Vorurteile so isoliert und unbeliebt wären, dass er auf ihre Kosten einen leichten und billigen Sieg erzielen könne. Auch wenn heute ein großer Teil der französischer Öffentlichkeit zur Tagesordnung übergeht und sich um das Schicksal der „Zigeuner“ nicht mehr kümmert als vorher – seine Rechnung ist nicht aufgegangen. Nun bleibt, mit einer Klage wegen ethnischer Diskriminierung vor Gericht zu ziehen, um die Regierung in Paris an die in der französischen Verfassung verbrieften Menschenrechte zu erinnern.

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