Kasernen in Gefahr

BUNDESWEHRREFORM Standortschließungen im Zuge der Truppenverkleinerung sind umstritten

BERLIN taz | Die Hamburger Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz ist Integrationsbeauftragte der SPD-Fraktion. Daneben kümmert sie sich um Jugendschutz und neue Medien. Anfang Juni aber entdeckte Özoguz ein neues Politikfeld: Verteidigung. Es gebe Gerüchte, so Özoguz, wonach das Bundeswehrkrankenhaus in ihrem Wandsbeker Wahlkreis im Zuge der Bundeswehrreform von einer Schließung betroffen sein könnte. „Wandsbek darf nicht willkürlich vom Sparhammer getroffen werden“, erklärte die Abgeordnete.

Aydan Özoguz’ Wandlung ist kein Einzelfall. Angesichts der zu erwartenden Schrumpfung der Bundeswehr werden viele Abgeordnete vom Fach- zum Regionalpolitiker. Keine Region und kein Politiker will schließlich auf die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplätze, die von Bundeswehrstandorten abhängen, verzichten.

Nach den Reformplänen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) könnte die aktuelle Truppenstärke von 245.000 um 50.000 bis 81.500 Soldaten verringert werden. Das wird nicht ohne die Schließung von Kasernen gehen. Vor 2011, so Guttenberg, wird eine Entscheidung über konkrete Standorte allerdings nicht getroffen werden. Auch die Bundesländer sollen zunächst angehört werden.

Die Länder werden von Schließungen unterschiedlich stark betroffen sein. Mit 68 Standorten verfügt der Freistaat Bayern über die mit Abstand meisten Standorte, vor Nordrhein-Westfalen (51) und Baden-Württemberg (43). Allerdings mussten die Bayern bei der letzten Strukturreform 2004 auch die höchste Anzahl Kasernen schließen. Besonders bedroht dürften auch diesmal kleinere Standorte mit unter 100 Dienstposten sein – auch wenn der Verteidigungsminister betont, die Bundeswehr wolle ihre „Präsenz in der Fläche“ keineswegs aufgeben.

Konzepte für die „Straffung der Führungs- und Verwaltungsstrukturen“ der Bundeswehr soll bis Ende des Jahres eine Strukturkommission erarbeiten. Aussagen über die Auswirkungen auf einzelne Standorte wären daher „verfrüht und widersprächen der Unabhängigkeit der Kommission“, beschied die Bundesregierung Mitte Juni eine Anfrage der Hamburger Abgeordneten Özuguz zum Standort Wandsbek. NIKLAS WIRMINGHAUS