„Wir wollen das Abdriften verhindern“

Daniel Weber vom Kölner Asta fordert Integration statt Repression im Umgang mit muslimischen Studierenden

taz: Haben Sie Angst, wenn Sie über den Campus schlendern – in Köln, wo Studienbewerber Bomben bastelten und als explosive Fracht auf den Weg brachten?

Daniel Weber: Angst ist nicht das dominierende Gefühl. Aber es ist anders geworden nach den versuchten Attentaten. Auch den Leuten von der Uni wird mulmig. Wenn sie in Züge steigen oder wenn herrenlose Rucksäcke rumstehen.

Werden arabische und muslimische Studenten beargwöhnt?

Von außen erwartet man von uns, jeden Dunkelhaarigen als potenziellen Bombenleger zu verdächtigen. Bei aufgeklärten Studierenden verfängt diese Angstmache glücklicherweise nicht. Es geht nicht um Abgrenzung oder Anmache, sondern Mitnehmen und Mutmachen.

Was meinen Sie damit?

Wir müssen den Gaststudenten vom ersten Tag an zeigen, dass sie willkommen sind. Nur wenn sie erkennen, dass sie nicht auf sich allein gestellt sind, weil man ihnen hilft und Kontakte vermittelt, kann man sie integrieren.

Tun die Studentenvertretungen denn dafür was? Nach dem 11. September war die Rolle der Asten ja sehr ablehnend, wenn die Polizei versuchte, Sicherheit herzustellen – etwa durch die Rasterfahndung.

Moment mal, die Rasterfahndung war Unsinn. Es war absolut richtig, dass wir gegen diese Datenstaubsaugerei protestiert und prozessiert haben. Da wurde in Menschen- und Bürgerrechte eingegriffen, ohne dass ein zählbarer Erfolg herauskam. Kein Anschlag wird so verhindert.

Also, was machen Sie im Asta konkret für Integration?

Wir organisieren ein Patenprogramm, das heißt, wir suchen deutsche Mentoren für ausländische Studierende. Wir haben ein Festival gegen Rassismus veranstaltet. Und von uns gibt es einen Vorbereitungskurs für die offiziellen Studienkollegs …

in den Kollegs bringen Gaststudierende ihr Abitur auf deutschen Standard und lernen die Sprache …

Ja, aber unsere Erfahrung ist, dass die Leute nicht wegen der Sprache nicht zurechtkommen, sondern weil sie schlecht integriert sind. Sie haben Probleme mit der Wohnung, kommen mit den Gepflogenheiten nicht zurecht, weil sie ihnen keiner erklärt. Wir haben jemand eingestellt, der die Gaststudierenden voll beteiligt. Und ein umfangreiches Kontakt- und Informationsprogramm anstößt – von Behörde bis Kneipe.

Klingt süß. Kann man damit Terrorismus verhindern?

Wenn jemand kommt mit dem festen Plan, eine Bombe zu zünden, halten wir ihn damit nicht ab, klar. Was man aber verhindern kann, ist, dass die Leute abdriften, weil sie hier nicht zurechtkommen. Wir wollen verhindern, dass sich kleine, abgeschlossenen Grüppchen bilden und isolieren. Das macht sie verführbar für Extremisten. Alles, was man bisher weiß, sagt uns doch: Manche muslimische Studierende sind entsetzt von unserer Kultur. Wir müssen Gelegenheiten schaffen, denen zu erklären, wie differenziert und vielschichtig Gesellschaft aussieht. Dass man Widersprüche ertragen muss.

Das hört sich prima an, aber die Realität ist trister. Ausländische Studierende werden praktisch in Wohnheimen kaserniert – ohne dass sich jemand kümmert.

Genau da liegt das Problem. Aber wir als Studierendenschaft können das nicht allein schaffen. Die Uni tut doch für Studierende, die nicht über irgendwelche Elite- oder Austauschprogramme kommen, so gut wie gar nichts.

Deutschland wirbt offensiv um Gaststudenten …

… tut aber viel zu wenig für die Leute, wenn sie mal hier sind. Gekümmert wird sich um Studierende, wenn sie Kohle mitbringen. Wenn sich herausstellt, dass Studierende ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen oder echte soziale Probleme haben, dann zieht sich die Universität sofort zurück. Wir haben das immer kritisiert.

Was ist Ihr Plan?

Wir haben dem Ministerium genau wie der Universität Vorschläge unterbreitet, wie man die Integration verbessern könnte. Ein Beispiel: Mit dem Studentenwerk haben wir eine gute Zusammenarbeit beim Café International. Da wurde eine gute Infrastruktur geschaffen. Aber da müsste die Uni noch viel mehr tun. Wenn sie nicht will, dass allein gelassene Studis sich zurückziehen, dann muss sie Orte der Begegnung schaffen. Bei dem Programm können wir dann gerne behilflich sein.

INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER