Allein unter Männern

In der ARD werden in der nächsten Zeit drei Intendanten-Posten frei. Doch für Frauen stehen die Chancen weiter schlecht

VON HANNAH PILARCZYK

„Die Intendantin und die Intendanten“ – so lädt man in der ARD zu Pressekonferenzen ein und so unterschreibt man offizielle Statements des Senders. Die Intendantin, das ist Dagmar Reim vom Rundfunk Berlin-Brandenburg. Die Intendanten, das sind Heinz Glässgen (Radio Bremen), Thomas Gruber (Bayerischer Rundfunk), Fritz Pleitgen (Westdeutscher Rundfunk), Jobst Plog (Norddeutscher Rundfunk), Fritz Raff (Saarländischer Rundfunk), Udo Reiter (Mitteldeutscher Rundfunk), Helmut Reitze (Hessischer Rundfunk) und Peter Voß (Südwestrundfunk).

Nun stehen bei WDR und SWR zum Jahresende Intendantenwahlen an, beim NDR wird über einen vorgezogenen Führungswechsel im nächsten Jahr spekuliert. Drei Möglichkeiten, weitere Frauen in Spitzenpositionen zu holen. Doch aller Voraussicht nach wird es beim alten Geschlechterproporz bleiben – denn die aussichtsreichste Kandidatin auf einen Führungsposten in einem der drei großen ARD-Häuser ist die einzige Frau, die es ohnehin schon an die Spitze geschafft hat: Dagmar Reim. Auch Freunde sagen ihr Ambitionen nach, vom bettelarmen RBB zu einer solventeren Anstalt mit mehr Gewicht im Senderverbund zu wechseln. Wenn nicht als Ass, so bleibt Reim zumindest als Joker im Spiel: Schon bei ihrer Wahl zur RBB-Intendantin setzte sie sich überraschend gegen den vermeintlichen sicheren Sieger Ulrich Deppendorf durch.

Aber andere Kandidatinnen als Reim? Einige gelten als zu früh genannt und damit als „verbrannt“. Andere gelten als zu spät genannt, als dass man sie noch zu profilierten Anwärterinnen aufbauen könnte. Die meisten sind aber vor allem eins: gar nicht genannt.

Dabei sind in fast allen ARD-Landesanstalten Frauen in die zweite Führungsebene vorgerückt: Sie sind Fernsehchefredakteurin und Justiziarin, leiten Auslandsabteilungen und die Programmkoordination. Viele sind es nicht, doch genug, um sie für die erste Führungsebene aufzubauen. Von ihnen hat es aber allein Monika Piel, Hörfunkdirektorin beim WDR, geschafft, überhaupt als Kandidatin für die Leitung des eigenen Hauses in Betracht gezogen zu werden – weil sie der amtierende Hausherr Pleitgen als „intendantenfähig“ bezeichnet hat. Seine Nachfolgerin beim ARD-„Presseclub“ ist die 55-Jährige bereits.

Doch wenn die Wahlvorbereitungskommission im WDR am heutigen Mittwoch zusammentritt, ist es unwahrscheinlich, dass Piel in die engere Auswahl kommt: Als „eiserne Reserve“ hat sich Pleitgen selbst wieder zur Verfügung gestellt, sollte sich der letztlich zuständige Rundfunkrat nicht auf einen Nachfolger einigen können. Und weil es Pleitgen ihnen so leicht macht, werden sich die Rundfunkräte aller Voraussicht nach wohl auch nicht einigen und ihm deshalb eine erneute Amtszeit antragen.

Doch auch wenn Monika Piels Chancen für den Aufstieg zur Spitze nicht besonders gut stehen, hat sie ihren Kolleginnen in Mainz, München und Kiel eines voraus: einen Entscheider als Fürsprecher. Denn wenn Führungsposten in der ARD zu besetzen sind, gilt die Regel, sich bloß nicht selbst ins Spiel zu bringen. Man muss von anderen, wichtigeren Leuten im Sender genannt, gefragt, gebeten werden. Solange aber nur wenige Frauen in Führungspositionen sind, können sie nach diesen Regeln auch kaum andere nachholen.

Ein Teufelskreis, gegen den sich unter ARD-Frauen langsam Widerstand bildet. Neue Möglichkeiten, wie man geeignete Kandidatinnen ins Gespräch bringen kann, werden diskutiert – und die alte Hemmung, Namen von Kandidatinnen bloß nicht zu früh zu nennen, überwunden. Spätestens im Oktober zum Herbsttreffen der Medienfrauen, der traditionellen Konferenz von Mitarbeiterinnen von ARD, ZDF und ORF, will man sich über das Procedere verständigt haben.

Für die Intendantenwahl im WDR ist das noch nicht zu spät. Bis zur endgültigen Abstimmung im November können die Mitglieder von Rundfunkrat und Wahlvorbereitungskommission noch Vorschläge machen.

Beim SWR müssen sich die ARD-Frauen jedoch sputen: Mit Fernsehdirektor Bernhard Nellessen, Landessenderdirektor Willi Steul sowie zuletzt Verwaltungsdirektor Peter Boudgoust stehen bereits drei männliche Kandidaten fest. Und auch wenn erst im Dezember gewählt werden soll: Die drei gelten natürlich nicht als zu früh nominiert und damit „verbrannt“.