Autoindustrie hält Verpflichtung nicht ein

Die EU-Kommission erwägt gesetzliche Vorschriften, damit Autos weniger klimaschädliches CO2 in die Luft blasen. Zunächst aber versucht sie durch Imagekampagnen, die Nachfrage nach verbrauchsarmen Wagen in Europa anzuregen

Aus BRÜSSELDANIELA WEINGÄRTNER

Um 12,4 Prozent ist der Kohlendioxyd-Ausstoß neu zugelassener Pkw in den letzten zehn Jahren zurückgegangen – so weit die gute Nachricht. Leider bleiben die Pkw-Hersteller damit hinter ihrer freiwillig eingegangenen Verpflichtung zurück. Das bemängelte die EU-Kommission in ihrem gestern veröffentlichten Jahresbericht.

Sollte sich abzeichnen, dass das zwischen Kommission und Herstellern vereinbarte Ziel nicht auf freiwilligem Weg erreicht werden kann, will die Kommission ein entsprechendes Gesetz vorschlagen.

„Die Situation ist nicht befriedigend. Wir verlangen, dass die Industrie ihre Zusagen einhält“, kritisierte Industriekommissar Günter Verheugen gestern. Und sein für Umwelt zuständiger griechischer Kollege Stavros Dimas ergänzte: „Um den Klimawandel zu bekämpfen und unseren Kioto-Verpflichtungen nachzukommen, müssen wir die CO2-Emissionen aus dem Verkehr verringern.“

Angesichts der Kritik an Überregulierung aus Brüssel ist die Kommission aber derzeit mit neuen Gesetzesvorschlägen sehr zurückhaltend. Sie hat zunächst eine Umfrage im Internet gestartet, um Verbandsvertreter, Umweltschützer und Vertreter der Mitgliedstaaten anzuhören. Erst als allerletzte Möglichkeit „erwägt die Kommission Maßnahmen rechtlicher Natur“, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

Das bedauert die grüne Europaabgeordnete und Umweltexpertin Hiltrud Breyer. „Die Industrie muss mit einem Gesetz dazu gebracht werden, weniger in Design und Extras und mehr in effiziente Autos zu investieren“, fordert sie gegenüber der taz. „Die Technologie ist da, man muss sie nur nutzen.“ Die deutsche Automobilindustrie habe die technische Entwicklung sowohl in der Wasserstofftechnologie als auch bei Rußfiltern verschlafen. „Ich hoffe, dieser Bericht der EU-Kommission ist ein Weckruf.“

Die Hersteller hatten sich verpflichtet, bis 2012 die CO2-Emissionen um ein Viertel zu reduzieren. Das beste Ergebnis erzielten die koreanischen Autoproduzenten, die 2004 im Vergleich zum Vorjahr die Emissionen um 6,1 Prozent senken konnten. Im Vergleich zum Ausgangsjahr 1995 haben sie eine Reduzierung von 14,7 Prozent erreicht. Japanische und europäische Autobauer dagegen verbesserten ihre Werte letztes Jahr nur um 1,2 Prozent und schafften im Vergleich zum Basisjahr gerade einmal 13 Prozent.

Mehr als ein Fünftel des klimaschädlichen Kohlendioxyds entsteht beim Autofahren, die Hälfte davon produziert der private Personenverkehr. Technisch wäre es ohne Probleme möglich, das für 2012 angestrebte Ziel zu erreichen, wonach pro Kilometer nicht mehr als 120 Gramm CO2 freigesetzt werden. Derzeit erreichen die europäischen Hersteller durchschnittlich 161 g pro Kilometer. Japanische Pkw produzieren im Schnitt sogar 170 g, südkoreanische 168 g.

Leistungsstarke Geländewagen mit hohem Spritverbrauch liegen derzeit mehr im Trend als kleine sparsame Stadtfahrzeuge. Die EU-Kommission investiert deshalb nicht nur in Förderprogramme, mit denen Sparautos entwickelt werden, sondern auch in Kampagnen, die beim Käufer ein Umdenken bewirken sollen. Wenn sich mit schadstoffarmen Autos Geld verdienen lässt, sind auch die Hersteller besser motiviert, in die Entwicklung von Sparautos Forschungsgeld zu stecken. Wer gegen die Ausdehnung der Wüste etwas tun will, sollte sich am besten kein Wüstenfahrzeug für den Stadtverkehr zulegen.