Der Kuschelkurs ist zu Ende

ATTACKE Mit Farbbeuteln und Steinen sind die Häuser von SPD-Politikern beworfen worden. Die Bekenner fordern Bleiberecht für Lampedusa-Gruppe

„Farbbeutel und Steinwürfe sind keine Argumente“

CHRISTIANE SCHNEIDER, BÜRGERSCHAFTSABGEORDNETE DER LINKEN

Der Konflikt um den Verbleib der „Gruppe Lampedusa in Hamburg“ nimmt wieder an Schärfe zu. Unbekannte haben am Montag die Häuser der stellvertretenden Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeld (SPD) in Barmbek und des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Arno Münster, in St. Pauli attackiert. Ihre Domizile seien mit „Farbbeuteln und Steinen markiert“ worden, heißt es in einem Bekennerschreiben, das der taz vorliegt. Polizeisprecherin Karina Sadowsky bestätigte die Angaben.

„Stapelfeld ist eine erfahrene Strippenzieherin im inneren Zirkel der SPD“, heißt es im Bekennerschreiben. Als Regierungsmitglied und Wissenschaftssenatorin unterstütze sie die „kompromisslose Haltung gegenüber den Flüchtlingen aus Libyen“. Und Arno Münster habe es im vergangenen Herbst nach dem Beginn der massiven Polizeikontrollen von Schwarzafrikanern, um die Lampedusa-Flüchtlinge aufzuspüren und erkennungsdienstlich zwecks Abschiebung zu behandeln, als „unwahr“ bezeichnet, dass es sich dabei um eine „rassistische Maßnahme“ gehandelt habe.

Der SPD-Senat um Bürgermeister Olaf Scholz lehne die Forderung der Lampedusa-Gruppe ab, in direkte Verhandlungen über ein Bleiberecht zu treten. Stattdessen werde die Öffentlichkeit „getäuscht“, in dem suggeriert werde, die Lampedusa-Flüchtlinge unterzögen sich einer Einzelfall-Prüfung, was ein Sprecher der Lampedusa-Gruppe für das Gros der Gruppe bestreitet.

Bereits im November wurden Privatwohnungen von SPD-Politikern mit Farbbeuteln beworfen – unter anderem die der Staatsräte Jan Pörksen und Michael Sachs sowie des SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel. Sachs hatte als Staatsrat der Stadtentwicklungsbehörde der Nordkirche und der St.-Pauli-Kirche vorgeworfen, dass sie sich wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt strafbar machten, wenn sie Wohncontainer für Lampedusa-Flüchtlinge aufstellten.

Bei den Lampedusa-Unterstützern stoßen derartige Attacken auf Politiker-Wohnungen auf ein geteiltes Echo. Grüne und Linksfraktion lehnen solche Aktionen ab. Auch wenn es sich nur um eine Sachbeschädigung handele, „Farbbeutel und Steinwürfe sind keine Argumente“, sagte die linke Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider. „Wer in Afrika mit der Nato Krieg führt und anschließend die Menschenrechte der Bombenopfer mit Füßen tritt“, hält eine autonome Aktivistin dagegen, „verdiene keinen Kuschelkurs mehr.“  KVA