eva herman – vom glück des stillseins von HARTMUT EL KURDI
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Einst dachte ich, das TV-Grauen habe einen Namen, der da lautet: Alida Gundlach. Die frühere N3-Talkshow-Moderatorin wirkte wie ein zu etwas Menschenähnlichem mutierter Biber mit Solarium-Schaden und stellte ihren Gästen in dieser Eigenschaft – sozusagen als missing link zwischen Nagetier und Sonnenstudiobesucher – Fragen, die vielleicht einem Biber zur Ehre gereicht hätten, mich aber immer wieder rätseln ließen, warum die Gäste überhaupt noch den Versuch machten zu antworten und nicht einfach resignierend den Kopf schüttelten. Irgendwann wechselte Frau Gundlach das Format und präsentiert seitdem Sendungen wie „Herrenhäuser im Norden“, in denen sie mit dem Landadel über dessen Immobilien plappern und die Tweed-Jacketts der jeweiligen Dame des Hauses auftragen darf.

Ich dachte, das sei der Höhepunkt des Tri-Tra-Trullalas. Dann aber kam Eva Herman. Gemeinsam mit Mister Ed moderiert sie seit 1997 „Herman und Tietjen“, eine Talksshow, in der die beiden Damen beweisen, dass Teenager auch dann noch nerven, wenn sie gar keine Teenager mehr, sondern weit über 40 sind. Zu allem Überfluss besangen die unentwegt vor sich hin giggelnden Fernsehschranzen auch noch eine CD mit Jazz-Schmodder, was nun wirklich nicht hätte sein müssen. Aber die schöne konservative Idee, sein Leben und Handeln an der Nützlichkeit auszurichten, interessierte Frau Herman noch nie.

So schreibt die Dame auch Bücher. Die ganze Palette: Liebesschmonzetten („Dann kamst du“), Bubu-Sachbücher („Mein Kind schläft durch“) und nun auch noch reaktionäre Besinnungsliteratur. Das „Eva-Prinzip“ heißt ihr neuestes Werk, und darin plädiert Eva Herman „für eine Rückkehr zur traditionellen Wahrnehmung der Geschlechter, um die Familie und damit die ganze Gesellschaft vor dem Aussterben zu bewahren. Zurück in die Steinzeit? Nur auf den ersten Blick.“ So der Verlag.

Sie selbst raunte bereits im Mai im Cicero: „Es ist die Frau, die in der Wahrnehmung ihres Schöpfungsauftrages die Familie zusammenhalten kann.“ Von „Schöpfung“ und vom „Schöpfer“ ist bei Frau Herman überhaupt viel die Rede. Und von „Natur“: „Wenn wir gegen die Natur arbeiten, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Natur sich gegen uns wendet. Eine Frau, die über die ihr von der Natur zugedachten Aufgaben hinaus in Konkurrenz treten will zu dem Männlichen, wird und kann in keiner der beiden Richtungen wirklich stark sein.“

Was will die Frau uns mit dieser biologistischen Selbstgeißelung sagen: Dass sie sowohl als TV-Moderatorin als auch als Mutter komplett versagt hat? Dass ihr, der Fernseh-Karrierefrau, zwangsläufig drei Ehemänner weglaufen mussten? Dass sie ihren Beruf an den Nagel hängt, um ihren Einzelkind-Sohn bis zu seinem 27. Lebensjahr zu stillen, wie sie es in ihrer Muttibrust-Huldigung „Vom Glück des Stillens“ empfiehlt? Oder dass ihr nächstes Buch tatsächlich ihr letztes sein und vom „Glück des Stillseins“ heißen könnte?

Dass Fernsehen die Zuschauer doof macht, ist ein albernes kulturpessimistisches Klischee. Dass die Arbeit im Fernsehen Wahnsinn, Realitätsverlust und Hybris befördert, eine offensichtliche Tatsache.