Krieg der Knöpfe

Die Digitalisierung des Fernsehens wird kommen. Und mit ihr die Verschlüsselung. Profitieren davon die Privaten?

An großen Phrasen herrschte kein Mangel: „Die nächsten fünf Jahre werden für einige Medien wichtiger als die letzten fünfzig“, prognostizierte ZDF-Intendant Markus Schächter zum Auftakt der Berliner Medienwoche. So viel ist tatsächlich klar: Fernsehen kommt bald aus jeder Leitung. Es passt in jede Übertragungstechnik, von Internet- bis Handy-TV. Und wird ganz überwiegend verschlüsselt sein – die ZuschauerInnen brauchen neben ihrer digitalen Empfangsbox also auch noch eine sogenannte Smartcard, die das TV-Signal für den heimischen Konsum wieder entschlüsselt.

Fragt sich aber, wer die Schlüsselhoheit hat: „Durch die Verschlüsselung lässt sich Fernsehen künftig radikal kommerziell positionieren.“ Seine publizistische Rolle werde entsprechend nachrangig, so Schächter. Und am Drücker säße dann nur noch die „Plattform“ mit ihrem Triple-Play. Also zum Beispiel ein Kabelunternehmen, das neben klassischem Kabelfernsehen auch Telefonie und Hochgeschwindkeits-Internet anbietet. „Die Plattformbetreiber pflügen künftig die Rundfunkanstalten um“, versprach sich Schächter in seiner Urangst – gemeint war natürlich die Rundfunklandschaft.

Denn für alle „normalen“ frei empfangbaren Sender, egal ob privat oder öffentlich-rechtlich, gelten schon bald neue Spielregeln. „Der publizistische Wettbewerb wird zum reinen Preiswettbewerb“, fürchtet der ZDF-Chef.

Man bekomme nun endlich das amerikanische Modell, brachte Privatsenderlobbyist Jürgen Doetz diese Spielregeln etwas nüchterner auf den Punkt: mehr Pay-TV – und vom Zuschauer zu entrichtende Kabel- bzw. Satellitengebühren, aus deren Einnahmen wieder etwas zurück an die Sender fließt.

Doch auch das sind Horrorszenarien für ARD und ZDF. Denn im US-Modell, so die frisch gekürte ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann, werde der öffentlich-rechtliche Rundfunk „als ernst zu nehmender Wettbewerber ausgeschaltet und in eine Nische gedrängt“.

Ganz so schlimm dürfte es angesichts der Gebühreneinnahmen von knapp 6,8 Milliarden Euro pro Jahr für ARD und ZDF schon nicht kommen. Doch die Debatte zeugt von der eigentümlichen Rückwärtsgewandtheit, auch bei den Privatsendern. Denn die Plattformbetreiber stellen das bisherige „Duale System“ tatsächlich auf den Kopf.

Doch bis auf ein eigentümlich klägliches Unisono-Gemecker darüber, dass die Medienpolitik hier einfach alles laufenlasse, fällt den Sendergranden offenbar herzlich wenig ein. So dass sich Harald Stöber, Vorstandschef der Arcor-„Plattform“, zu gutem Rat erbarmte: „Wenn ich als Aschenputtel in einen Markt reingehe und Angst habe, morgen vielleicht tot zu sein – dann bin ich heute schon tot.“ STG