: Mehr Klimaschutz durch mehr Gerechtigkeit
STUDIE Eine erfolgreiche Klimapolitik muss die Entwicklung der armen Länder der Erde fördern. Davon sind das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und die katholische Organisation Misereor überzeugt
BERLIN taz | Die Krise der internationalen Klimapolitik schildert Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam-Insituts für Klimafolgenforschung (PIK), am liebsten als Parabel: „Zehn Menschen wandern durch die Wüste. Drei von ihnen haben schon die Hälfte der Wasservorräte leer getrunken. Sie schlagen jetzt vor, den Rest des Wassers zu gleichen Teilen auf alle zu verteilen. Die anderen sieben finden das keine gute Lösung. Also bleibt man stehen und streitet sich, statt den Weg zur Oase zu suchen.“
Diese Oase heißt für Edenhofer „kohlenstofffreie Weltwirtschaft“. Und das Foto einer Oase ziert auch den Report „Global, aber gerecht“, den das PIK mit dem Institut für Gesellschaftspolitik in München, der katholischen Entwicklungsorganisation Misereor und der Münchner-Rück-Stiftung erstellt hat. Gestern wurde das 240-seitige Buch in Berlin präsentiert.
„Die gute Nachricht ist: Die Probleme des Klimawandels und der Armut sind lösbar, wenn es gleiche Entwicklungschancen für alle gibt“, sagte Josef Sayer, Hauptgeschäftsführer von Misereor. Als Lösung für die festgefahrenen Klimaverhandlungen schlagen die Experten einen „Global Deal“ vor: Der sollte bestehen aus einer weltweiten Verteilung von Emissionsrechten für Treibhausgase, dem Schutz der Wälder, dem leichteren Transfer von grünen Technologien und der Hilfe für Arme bei der Anpassung an den Klimawandel. Vor allem aber betont „Global, aber gerecht“ eine fünfte Säule: mehr globale Gerechtigkeit durch eine verstärkte Entwicklungshilfe, um den armen Ländern wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen, etwa durch ein faires globales Handels- und Finanzsystem.
Grundsätze einer erfolgreichen Klimapolitik, so Johannes Wallacher von dem Münchner Institut, müssten für alle Menschen drei Rechte garantieren: die Sicherung des Überlebens, die Möglichkeit, sich zu entwickeln, etwa durch Stromversorgung, und „Verfahrensgerechtigkeit“, also die Teilnahme an Entscheidungen.
Der Königsweg zu diesem Ziel ist für Edenhofer der Emissionshandel. Bekäme die Belastung der Atmosphäre weltweit einen Preis, würde das Weltvermögen drastisch umverteilt, „Afrika wäre der große Gewinner“. Das wäre auch eine Lösung für seine Parabel mit der Oase: „Die drei Wanderer, die viel getrunken haben, also die Industrieländer, sind deshalb stärker und müssen als Pfadfinder vorangehen, um den anderen den Weg zur Oase zu zeigen.“ BERNHARD PÖTTER
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