KURZKRITIK: Zwischen Traum und Kino
Im Theater Bremen hat das Tanz-Stück „Close your eyes“ von Choreograf Samir Akika Premiere
Samir Akika, Hauschoreograf am Bremer Theater, ist endgültig angekommen. In dem, was im modernen Tanztheater heutzutage eben so gängig ist. Vorbei also sind die Zeiten, in denen seine Stücke wilde Hybride aus Tanz, Performance, Schauspiel und Dialog waren. Insofern ist „Close your eyes“, die neue Produktion seiner Truppe Unusual Symptoms, fast schon konventionell zu nennen.
Aus Akikas Sicht ist das freilich eine Weiterentwicklung, wenn auch keine ganz überraschende. Im Gegenteil: „Close your eyes“ denkt künstlerisch konsequent weiter, was in den letzten Arbeiten, die Akika im Bremer Theater inszeniert hat, schon angelegt war. Seine Arbeit ist jetzt focussierter, auch tänzerisch. Aber alles in allem eben auch etwas gewöhnlicher, weniger vielfältig.
Ja, da und dort ist er immer noch etwas schrill und anarchisch, aber in diesem Fall wird das vor allem in der Live-Musik von Jayrope und Stefan Kirchhoff ausgelebt, die vielfach sehr experimentell und als Soundcollage bisweilen besser beschrieben ist.
Auf der Bühne kommt „Close your eyes“ immer wieder sehr filmisch daher. Dennoch ist es kein Stück über das Kino und es erzählt auch keine Kinogeschichten. Vielmehr wandelt es an der Grenze zwischen Kino und Traum und belegt nebenbei, warum Akika immer wieder mal als der „Cineast“ unter den zeitgenössischen Choreografen bezeichnet wird. Das fängt schon in der Eröffnungsszene an, die ganz auf TänzerInnen verzichtet, aber dafür einen wunderbaren kleinen Trickfilm zeigt, untermalt von zunehmend enervierendem Kinder-machen-Musik-Lärm.
Überhaupt zaubern die sechs TänzerInnen unter viel Nebel immer wieder ganz wunderbare Bilder auf die Bühne, zum Beispiel eine Szene, die wie eine Persiflage auf das Ballett und die E-Musik daherkommt, mit herrlichen Grimassen – dafür gibt es, zurecht, sogar Extraapplaus. Zwischendrin ist für etwas Clowneskes ebenso Platz wie für ein bisschen Zombiefilm-Ästhetik. Tänzerisch ist dieses Stück noch etwas weniger athletisch-sportlich als früher, minimalistischer und immer wieder vom Hin-und-Her-Geworfensein in Traum und Kino geprägt. Und auch von den Matratzen, wesentliches Stilelement des guten Bühnenbildes von Till Botterweck.
„Close your eyes“ ist eine „getanzte Verlängerung der Träume“, sagt Dramaturg Gregor Runge. Entschlüsselt werden diese Bilder nicht. Es gibt keine Botschaft, keine Interpretation. Sie fehlt nicht. JAN ZIER
Nächste Termine: 8. März, 20 Uhr; 30. März, 6. April und 27. April, jeweils 18.30 Uhr
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