„Das ist kein Leben“

AUS BOSNIEN Vertrieben vom Krieg, vertrieben von der Not: Merizela A. kennt das prekäre Leben. Und hofft

Ich stamme aus Modrica, einer kleinen Stadt in Bosnien. Meine Mutter ist Christin, mein Vater ein Muslim aus Istanbul.

Als 1992 der Krieg ausbrach, sind wir mit der Familie nach Kroatien. Dort habe mit 14 Jahren meinen Mann geheiratet, der Rom ist. Mit 15 bekam ich das erste Kind. 1997 sind wir in die USA, dort habe ich viel Familie. Wir sind viel herumgereist, hatten Jobs, ich habe in Krankenhäusern und Büros geputzt. Ich habe noch sechs Kinder dort bekommen. Aber nach zehn Jahren sind wir zurück nach Bosnien, weil die Eltern meines Mannes sehr krank waren, er wollte sie noch einmal sehen.

Dort aber lief es schlecht für uns: Wir wohnten in einer Roma-Siedlung, unsere Kinder wurden deshalb in der Schule verprügelt und gehänselt – bis sie nicht mehr hingingen. Ein Baby starb, weil wir uns keinen Arzt leisten konnten. Wir hatten keine Arbeit, keine Krankenversicherung – nichts. Ich ging betteln, von dem Geld kauften wir dann etwas zu Essen. Aber es war nie genug.

Anfang 2013 fuhren wir nach Berlin, um dort Asyl zu beantragen, aber man schickte uns wieder heim. Wir sind dann wenig später über Italien noch mal eingereist. Hier in der Notunterkunft in Köpenick ist es schön: Meine Kinder gehen zur Schule, bekommen Essen und Kleidung. Ich koche und halte unsere vier Zimmer sauber, nach draußen gehe ich nie – wozu auch? Jetzt bin ich wieder schwanger. Eine Risikoschwangerschaft: Das Baby hat einen Herzfehler. Aber die Frau vom Amt hat kein Mitleid, sie sagte: „Sobald Sie stabil sind, können Sie ausreisen und dann Ihr Kind in Bosnien bekommen.“

Ich bete zu Gott, dass wir doch noch hierbleiben können. Wenn nicht, geht dort alles weiter wie bisher – ein Leben ist das nicht.

PROTOKOLL: API