Russland AG sackt Alubranche ein

Die Fusion mit Sual macht die russische Rusal zum weltgrößten Aluminiumhersteller

MOSKAU taz ■ Russland will künftig auch in der Produktion von Aluminium die Nase vorn haben. Der russische Marktführer Rusal und sein kleinerer Rivale Sual, die Sibirisch-uralische Aluminiumgesellschaft, wollen ihre Geschäftsbereiche im Oktober zusammenlegen. Mit von der Partie wird auch der Schweizer Rohstoffhändler Glencore sein. Die trilaterale Vereinbarung wurde in dieser Woche von diversen Medien wie der russischen Zeitung Kommersant, der britischen Financial Times sowie der deutschen Agentur Reuters bestätigt. Eine offizielle Erklärung der Unternehmen gibt es nicht.

Rusal, bislang die Nummer drei hinter dem US-Giganten Alcoa und der kanadischen Alcan, rückt nun zum weltweit größten Aluminiumhersteller auf. Beobachter schätzen den Wert des fusionierten Unternehmens auf 25 Milliarden US-Dollar. Es wird etwa 4 Millionen Tonnen Rohaluminium produzieren, ein Fünftel der Weltproduktion. Auch bei der Herstellung von Aluminiumoxid stößt Rusal an die Spitze vor. An dem neuen Unternehmen soll Rusal mit 64,5 Prozent den Hauptanteil haben, die jetzigen Sual-Eigner dürften laut vorläufigen Berichten 21,5 Prozent halten, Glencore 14 Prozent.

Anfang August hatte Präsident Wladimir Putin die Oligarchen der beiden russischen Alu-Hütten, Rusal-Chef Oleg Deripaska und Sual-Eigentümer Wiktor Wekselberg, in den Kreml zitiert – zu einem Gespräch in engstem Kreis. Ohne Zustimmung des Präsidenten sind größere Geschäfte im Energie- und Rohstoffbereich nicht mehr denkbar. Die Kartellbehörde segnet nur ab, was von oben vorgegeben wird.

Auf diese Weise hat sich der Kreml den Zugriff auf die wichtigsten strategischen Güter des Landes wieder zurückgeholt. Was zunächst eher den persönlichen materiellen Interessen der neuen politischen Führung entsprach, entwickelte sich unter dem Einfluss der hohen Weltmarktpreise für russische Bodenschätze zu einer willkommenen – aber zunächst nicht geplanten – Strategie. Durch die Bündelung der Energie- und Rohstoffressourcen baut der Kreml darauf, nicht nur entscheidender Player im globalen Geschäft zu werden, sondern Moskau auch als ebenbürtigen Widersacher Washingtons auf der Weltbühne zu etablieren.

Deripaska und Wekselberg wird ein gutes Verhältnis zum Kreml nachgesagt – wie Russlands reichster Oligarch Roman Abramowitsch verzichten sie auf politische Ambitionen. Deripaska hatte sich in den so genannten Aluminiumkriegen der 90er-Jahre, die wegen zahlreicher Auftragsmorde besonders brutal waren, nachhaltigen Einfluss in der Branche gesichert.

Die Metallwirtschaft wertet die Fusion als Zeichen selbstbewussteren Auftretens russischer Großindustrieller. Die Russland AG expandiere in die Welt, so ein Vertreter der Moskauer Investmentbank Renaissance Capital.

KLAUS-HELGE DONATH