Alt, arm, arbeitslos

RENTE Gewerkschaften und Sozialverbände halten die Einführung der Rente mit 67 für unrealistisch

BERLIN taz | Die Voraussetzungen für die Rente mit 67 sind weiter umstritten. Das „Netzwerk für eine gerechte Rente“, dem Gewerkschaften und Sozialverbände angehören, kritisiert die mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer und die verschärfte Gefahr der Altersarmut. Nach dem vierten Monitoring-Bericht des Netzwerks, der gestern vorgestellt wurde, ist die Erwerbsbeteiligung Älterer zwar insgesamt gestiegen, der Anteil der Vollzeitbeschäftigten liegt aber weiter bei mageren 9 Prozent bei den 63-Jährigen und sinkt auf 6 Prozent bei den 64-Jährigen.

Der geringe Anteil voll sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zeigt auch an, dass immer weniger Arbeitnehmer ohne Abschläge in Rente gehen können. Knapp die Hälfte aller Altersrentner müssen mittlerweile Abschläge in Kauf nehmen, die durchschnittlich 114 Euro betragen. Die Rente mit 67 sieht vor, dass die abschlagsfreie Regelaltersgrenze ab 2012 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben wird.

Ältere können derzeit auch nicht von der konjunkturellen Erholung profitieren. Der Anteil der Über-55-Jährigen ohne Arbeit an allen Arbeitslosen stieg im letzten Jahr von 14,6 auf 16 Prozent. Für DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zeigt das: „Wir haben keine abgesicherten Übergänge zwischen dem Ende des Arbeitslebens und dem Anfang der Rente.“

Über die Chancen der Generation 60 plus am Arbeitsmarkt bestehen indes sehr unterschiedliche Ansichten. Zu Wochenbeginn verkündete der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, in der Metall- und Elektroindustrie sei die Zahl der Beschäftigen über 60 Jahre seit 2000 von rund 85.0000 auf 141.000 angestiegen. Der Fachkräftemangel mache ältere Arbeitnehmer zunehmend unverzichtbar. Die Rente mit 67 sei daher richtig und müsse unverändert umgesetzt werden. Die Autoren des Monitorings halten die Gesamtmetall-Zahlen für geschönt. „Die Situation in Branchen stellt sich immer besser dar, als wenn Berufe betrachtet werden“, so Sozialökonom Ernst Kistler.

Für den DGB ist die Rente mit 67 weiter „nicht vertretbar“. Die Bundesregierung solle die Einführung noch in diesem Jahr stoppen. „Der Zorn ist groß“, sagt Vorstandsmitglied Buntenbach.

NIKLAS WIRMINGHAUS