„Die falschen Friedensverträge brechen“

Die Grünen müssten wieder konsequent Ökologie propagieren, sagt Umweltpolitiker Reinhard Loske anlässlich des Zukunftskongresses der Partei. „Das bringt jede Menge Arbeitsplätze, auch für Menschen, die heute ausgeschlossen sind“

INTERVIEW HANNES KOCH

taz: Die Grünen entwerfen ihr Zukunftsprogramm. Nennen Sie eine Idee, die Lust auf Grün macht!

Reinhard Loske: Wir müssen die falschen Friedensverträge brechen, die sich um den Scheinkonsens der nachhaltigen Entwicklung gebildet haben. Wenn wir unseren Lebensstil nicht maßvoller gestalten, droht uns allen eine globale Umweltkatastrophe. Der Schutz des Klimas und die konsequente Einsparung von Energie sind aber Last und Lust, politische Anstrengung und wirtschaftliche Chance in einem.

Wie sieht Ihr positives Versprechen aus, das Sie den Wählern geben?

Wir wollen sicherstellen, dass uns die Natur ihre Gratisleistungen auch in Zukunft gewährt: ein stabiles Klima, gute Luft, sauberes Wasser, produktive Böden, biologische Vielfalt und Ruheraum. Das bedarf national wie international riesiger Anstrengungen. Insgeheim weiß doch jeder, dass das auf Dauer mit den heutigen Konsummustern nicht vereinbar ist.

Wie profitiert ein Hartz-IV-Empfänger von Ihrem ökologischen Programm?

Die Ökologisierung der Wirtschaft würde ein Investitionsprogramm von 100 Milliarden Euro oder mehr in Gang setzen. Das bringt jede Menge zusätzliche Arbeitsplätze – auch für Menschen, die heute ausgeschlossen sind. Außerdem leiden ja gerade einkommensschwache Gruppen unter schlechten Lebensbedingungen und hohen Energiepreisen.

Fahren wir dann noch Auto oder gehen wir zu Fuß, wie der US-Politiker Al Gore in seinem Buch „Eine unbequeme Wahrheit“ schreibt?

Es wird eine grüne Infrastruktur für alle geben, zum Beispiel Busse und Bahnen zu vertretbaren Preisen. Wer trotzdem ein Auto benutzen will, fährt mit einem effizienten Kleinwagen, der kaum noch Treibstoff verbraucht.

Sind diese Wagen teurer oder preisgünstiger als heute?

In der Anschaffung wahrscheinlich teurer, unterm Strich sicher billiger, weil sie weniger verbrauchen und deshalb weniger Klimaschäden verursachen.

Werden wir uns mehr Wohlstand leisten können?

Ökologischer Strukturwandel führt zunächst zu einer größeren wirtschaftlichen Dynamik. Wenn man die Energieversorgung umstellt auf erneuerbare Quellen, hocheffiziente Kraftwerke und die Haushalte auf sparsame Geräte, dann ersetzen wir teure Energie-Importe durch einheimische Arbeitsleistung. Das würde unseren Wohlstand steigern. Langfristig freilich sollte das Wachstum eher abnehmen, denn wir müssen unseren Stoffverbrauch auf ein Zehntel der heutigen Menge reduzieren.

Wollen Sie zum alten grünen Markenkern der Ökologie zurückkehren?

Wir wollen eine vitale Gesellschaft ohne Wachstumszwänge. Eine solche Strategie ermöglicht auch soziale Partizipation ohne Umweltzerstörung. Dafür steht unter anderem die Idee der Grundsicherung, für die einige Grüne eintreten.

Eher wenige.

Man muss dafür werben, dass das Mehrheitsmeinung in der Partei wird.

Tendiert Ihr Programm eher in Richtung Union oder mehr nach links?

Im letzten Bundestagswahlkampf habe ich mit Freunden von der SPD wie Hermann Scheer und Karl Lauterbach noch für Rot-Grün gestritten. Wir waren aber die letzten Mohikaner. Eine Koalition mit Kurt Beck zu wünschen, fällt mir dagegen schon schwerer.

Gibt es eine Chance zu Rot-Rot-Grün?

Mich stört der Hartz-IV-Populismus der Linkspartei.

Wie sieht es mit Union und FDP aus?

Auf Landesebene würde ich gerne mal eine Koalition mit der Union ausprobieren. Um zu sehen, wie es funktioniert. Auf Bundesebene allerdings bräuchte man dazu die FDP. In ihrer heutigen Verfassung kann ich mir die aber beim besten Willen nicht als Partner vorstellen.