Ich will mich

Ende der Sechziger habe ich in einer Beratungsstelle gearbeitet, in der wir Frauen zum Thema Abtreibung beraten haben. Ich war verdammt jung, Anfang zwanzig. Diese Zeit, in der Frauen die Kontrolle über ihre Sexualität übernommen haben, hat mich geprägt. Radikale Zeiten, die mich radikal gemacht haben. Die Frauenbewegung fiel ja zusammen mit der Idee der freien Liebe. Das gab uns Frauen die Freiheit, Nein zu sagen und etwas anderes zu wählen. Natürlich treffe ich heute nicht mehr so oft Menschen, mit denen ich schlafen möchte, wie in den Siebzigern. Damals war es aber auch oft furchtbar. Der Typ hat ejakuliert und ist eingeschlafen. Und man lag da und musste dann in dieser Sperma-pfütze masturbieren. So was hat mich wütend gemacht. 75 Prozent des Sex, den man hat, wenn man jünger ist, kann man vergessen. Wenn man älter wird, wird man viel wählerischer. Ich habe mir meine Radikalität immer bewahrt. Das hat mir Ärger beschert, aber vor allem Freude.■ Diane Torr, 65, ist Performance-Künstlerin