Osnabrücker Blumenspiele

Der niedersächsische Kommunalwahlkampf, aus der Nähe betrachtet (VI): In Osnabrück bleibt den OberbürgermeisterkandidatInnen keine Wahl, als sich durch ihre Haltung zum Grünzeug zu profilieren

Blumen bewegen Osnabrücks Gemüter. Genauer: die Buga-Frage. Buga steht für Bundesgartenschau, und „wenn es nicht den Widerspruch der Grünen gegeben hätte“, sagt Michael Hagedorn, „wären die Verträge unterzeichnet.“ Sprich: Die hochverschuldete Stadt hätte nur noch mit Strafzahlungen der Pflicht entschlüpfen können, 2015 bundesweite Gärtnerfestspiele auszurichten.

Das stimmt, belegen Ratsprotokolle. Das hätte Hagedorn auch sagen können, wenn nicht Wahlkampf wäre. Aber der Urnengang am Sonntag bietet eine treffliche Gelegenheit, eigene Verdienste hervorzuheben. Und Hagedorn kandidiert für die Grünen auf Listenplatz eins. Und fürs Oberbürgermeister-Amt.

Dass ohne ihre chancenlosen Bürgermeisterbewerber die kleinen Parteien weniger Wähler binden könnten, ist eine Binsenweisheit. Und dass deren Haltung zur Buga wichtig ist, liegt auf der Hand: Das zweite griffige Thema der kommunalpolitischen Agenda sind die durch Abzug der britischen Militärs verwaisten Flächen. Nur wollen da alle gleichermaßen Wohn-Bildungs-Mischnutzen, sogar der meinungsarme, unauffällige Wähler-Kandidat Ansgar Hengelbrock. Die Buga aber polarisiert. Man will sie. Oder nicht. Weil, sagen die Gegner, noch jede Buga im jeweiligen Stadt-Säckel ein Loch hinterlassen hat. Aber auch, so die Befürworter, frische Politur auf dem Stadt-Image.

„Wählen Sie das Original, nicht die Kopie“, kann also Hagedorn seine Mitbewerber piesacken, denen beim Gedanken an Grünzeug-Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe ebenfalls blümerant zumute wird: Die Gewerkschaftssekretärin Gisela Brandes-Steggewentz zum Beispiel, die fürs Linkspartei-DKP-WASG-Bündnis und als Frau „gegen die Jungs“ antritt. Vor allem aber den SPD-Mann Boris Pistorius, der erst Anfang des Jahres aufs Grünen-Nein umgeschwenkt ist. Was mancher als vorweggenommene Abnabelung wertet: Schließlich ist die Buga ein Projekt des langjährigen SPD-OB Jürgen Fip. Und zwar eines, das ihm hätte ein Denkmal sein sollen. „Er hat akzeptiert“, so Pistorius tapfer, „dass ich eine andere Sicht darauf habe als er.“ Allerdings: Ein Denkmal gönnen Fip viele in Osnabrück, ja, der Rat hat ihn schon im Frühjahr einstimmig zum Ehrenbürger der Hansestadt gemacht. Von Fips Popularität könnte nun ausgerechnet CDU-Mann Wolfgang Griesert profitieren, der Bau und Umweltstadtrat. Denn Griesert lässt die Blumen blühen. Zwar „nicht um jeden Preis“. Aber beinahe: „Die finanzielle Schmerzgrenze“ verschiebt er dorthin, wo der Stadthaushalt „ohne wirtschaftlichen Mehrwert“ belastet würde. Und wozu gäbe es Gutachter, wenn nicht, um für jedes Mega-Event einen wirtschaftlichen Mehrwert zu konstruieren? Jedenfalls sieht eine Umfrage der Neuen Osnabrücker Zeitung den Unions-Kandidaten in der Wählergunst bei 44 Prozent, Pistorius würde mit 28 abgestraft. Alles gelaufen? Nix da! Die Wahl-Meteorologen des NDR sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus – mit Pistorius an der Spitze.

Stets auf Platz drei: Reinhard Sliwka. Der ewige Kultur und Sozialstadtrat ist zwar seit Jahrzehnten FDP-Mitglied, kandidiert aber als Partei-unterstützter Unabhängiger und vertritt auch in der Buga-Sache ein entschiedenes Ja, aber. Zu Recht rechnet er sich Stichwahl-Chancen aus. Denn schließlich hat er das richtige Wahlkampf-Gimmick: Er verteilt Rosen. bes