Promis tauchen auf

VOLKSBEGEHREN II Glamourös ist das Thema „Wasser“ eher nicht. Eine Reihe von Künstlern will das ändern

Bislang blieb die öffentliche Aufmerksamkeit für den Berliner Wassertisch – anders als bei den Volksbegehren zu Tempelhof und Pro Reli – eher gering. Das soll sich aber nun ändern: Mit dem Schriftsteller Ingo Schulze, der Musikerin Ulla Meinecke, Ritchie Barton von Silly und Dr. Motte bekannten sich am Montag prominente Künstler zum Anliegen des Wassertischs. Sollte die Kampagne für die Offenlegung der Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe manchmal etwas bürokratisch dahergekommen sein – im Roten Salon der Volksbühne bestimmte gestern Pathos die Tonlage.

So verlas Ingo Schulze ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers, die er schon einmal vorgetragen hat, im Herbst 1989, in einer voll besetzten Kirche. „Die Voraussetzung für einen freien Staat ist ein Maximum an Öffentlichkeit. Nur sie ermöglicht ein Maximum an Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Es darf keine wesentliche und dauerhafte Geheimhaltung geben.“ Auf die Wasserbetriebe übertragen heißt das für Schulze: Die Verträge, die 1999 bei der Teilprivatisierung abgeschlossen wurden, müssen für jedermann einsehbar sein. „Es ist ein Gradmesser für Demokratie, inwieweit das Thema öffentlich wird.“

Schulze fand nicht nur deutliche Worte gegen die Geheimhaltung der Verträge, sondern auch gegen die Privatisierung selbst. „Wasser ist das wichtigste Lebensmittel überhaupt. So was dem Gewinnstreben auszusetzen ist unmöglich.“ Bei Privatisierungen handle der Staat gegen die eigenen Interessen. „Das Gemeinwesen ist dann nicht mehr der Souverän, sondern plötzlich in der Rolle des Bittstellers.“

Ulla Meinecke wurde noch etwas kapitalismuskritischer: „Man sollte grundsätzlich darüber nachdenken, ob an allem verdient werden muss.“ Das Profitdenken sei bei vielen „gehirngewaschen eingefräst“. Beim Thema Wasser ist ihrer Meinung nach auch das Unwissen ein Problem. Meinecke berichtet, dass die wenigsten in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis überhaupt von der Teilprivatisierung des Berliner Wasserbetriebe wüssten.

Dr. Motte, Loveparade-Erfinder und längst politischer Allround-Aktivist, drehte bei seinem Statement ordentlich auf. „Ich bin richtig sauer, weil ich bestohlen wurde“, rief er in den Raum. Das Wasser habe zum Teil schließlich auch ihm gehört. „Industrielle, Habgierige, Antimenschen“, schimpfte er. Am liebsten würde er den Wasseranbieter wechseln, um seinen Unwillen zum Ausdruck zu bringen. „Aber das geht ja nicht.“

Die Liste der Künstler und Intellektuellen, die nach Angaben des Wassertischs das Projekt unterstützen, ist lang. Volker Braun und Thomas Brussig, Julia Franck, Durs Grünbein, Wladimir Kaminer, Katja Lange-Müller und „Lindenstraße“-Wirt Kostas Papanastasiou haben demnach unterschrieben. Konstantin Wecker und Günter Wallraff sind zwar keine Berliner, sie sollen die Ziele des Volksbegehrens aber ebenfalls befürworten.

Ingo Schulze brachte auf den Punkt, warum er sich so für den Wassertisch engagiert: „Ein Maximum an Öffentlichkeit ist für die Demokratie wie für uns Lebewesen das Wasser.“ ANTJE LANG-LENDORFF