Die Zahlen sprechen für sich

SPREEDREIECK Grüne, Rechnungshof und CDU haben höheren Schaden errechnet

19. Dezember 2000: Der CDU/SPD-Senat verkauft das Areal am Bahnhof Friedrichstraße für umgerechnet 17 Millionen Euro an den Investor Harm Müller-Spreer. Er darf eine Bruttogeschossfläche von 15.000 Quadratmetern bauen. Das Haus soll rund 30 Meter hoch werden.

September 2001: Die Oberfinanzdirektion ordnet die Bahnflächen auf dem Spreedreieck nach einem Gerichtsurteil vom November 2000 nicht mehr dem Land Berlin zu, sondern der Bahn. Der Investor fordert Schadenersatz.

November 2004: Damit das Geschäft nicht platzt, erhält Müller-Spreer 8,7 Millionen Euro zurück und darf nun 17.500 Quadratmeter bauen. Sein Entwurf sieht schließlich 20.000 Quadratmeter vor, was der Senat akzeptiert. Das Haus wächst schließlich auf 42,6 Meter Höhe an.

Dezember 2007: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erklärt den Bebauungsplan für nichtig. Geklagt hatte der Eigentümer eines Hotels nebenan, der den Neubau zu nah an seinem Areal sah.

März 2008: Um eine Bauruine zu vermeiden, zahlt Rot-Rot dem Hotelbesitzer in einem Vergleich 4 Millionen Euro. Nach Abzug weiterer Posten bleiben dem Land 4,266 Millionen Euro vom Verkaufspreis.

29. September 2008: Der Untersuchungsausschuss zum Spreedreieck nimmt seine Arbeit auf und befragt in knapp 40 Sitzungen 68 Zeugen, darunter die Exfinanzsenatoren Peter Kurth (CDU) und Thilo Sarrazin (SPD). Gegen den Vorsitzenden Andreas Köhler werden Befangenheitsvorwürfe laut.

Herbst 2009: Die ersten Mieter beziehen das Hochhaus auf dem Spreedreieck. Hauptmieter ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young.

17. September 2010: Der Ausschuss beendet seine Arbeit. SPD und Linke sehen Exsenator Kurth in der Schuld und sich selbst in der Rolle eines „Reparaturbetriebs“. FDP, Grüne und CDU kritisieren, der Senat verschleiere seine erhebliche Mitverantwortung. (dpa)

Der Rechnungshof kommt im Fall des Spreedreiecks auf einen Schaden von knapp 9 Millionen Euro. Er bezieht sich auf die Verluste, die der Verkauf des landeseigenen Grundstücks an der Friedrichstraße dem Land brachte. Investor Müller-Spreer errang damals ein maßgeschneidertes Baurecht im Gegenzug dafür, dass das Land die Ansprüche der Bahn beim Grundstücksverkauf nicht berücksichtigt hatte. Andere Unternehmer klagten wiederum gegen das Müller-Spreer’sche Baurecht und erhielten ebenfalls Schadenersatz.

Die Grünen-Fraktion bezieht in ihre Rechnungen auch Streitigkeiten mit Nachbarn auf der anderen Seite der Friedrichstraße ein und kommt daher auf den höchsten Minuswert: 30,2 Millionen Euro Schaden sind dem haushaltspolitischen Sprecher Jochen Esser zufolge für das Land entstanden.

Die summieren sich wie folgt: 8,7 Millionen Euro verlor das Land durch Entschädigungszahlungen an Investor Müller-Spreer. 730.000 Euro kamen durch die gegebenen zwei kostenlosen Flurstücke hinzu. Auf 6,8 Millionen Euro beziffert Esser den Schadenswert, der durch die 40 Prozent zusätzlich gegebene Baumasse entstand. 4 Millionen Euro mussten zusätzlich an den Gebäudebesitzer des Hotels gegenüber gezahlt werden. Dazu kommen laut den Grünen 3,2 Millionen Euro Schaden durch eine Mindestkaufpreisgarantie bei der Friedrichstraße 103 – auf der anderen Straßenseite, die später nicht erreicht worden sei. Nochmal knapp 7 Millionen Euro seien der Projektgruppe, die hinter diesem Hotel steht, zugekommen – unter anderem, weil die Investoren den Preis für das landeseigene Grundstück um mehrere Millionen drückten – unter Hinweis auf den schwächelnden Immobilienmarkt.

Die 32,2 Millionen Euro vermiedenen Restitutionsansprüche an die Erben von Max Reinhardt dürfen nach Ansicht der Partei nicht berücksichtigt werden – anders als es SPD und Linke tun. Deren Vorgehen wertet Esser als „abenteuerlich“.

Die CDU-Fraktion schließt sich letzterer Bewertung an; SPD und Linke betrieben „Schönfärberei“. Bei der Berechnung der Schadenshöhe gibt sie sich indes vorsichtiger. Es sei zwar von einem Verlust von mindestens 20 Millionen Euro auszugehen, heißt es aus der Fraktion. Der setze sich aus Ausfällen und Schadenszahlungen sowohl direkt am Spreedreieck als auch bei Geschäften mit Investoren auf der gegenüberliegenden Straßenseite zusammen. Mit der Umrechnung von zusätzlichen Geschossflächen in Geldwerte hält sich die Fraktion anders als die Grünen-Experte Esser hingegen zurück.

Die FDP-Fraktion hatte am Montag ihre Rechnung offenbar noch nicht abgeschlossen. Sie gab keine Stellungnahme ab.

KRISTINA PEZZEI