Dresdner Oberbürgermeister verurteilt

14 Monate auf Bewährung für suspendierten Rathauschef. Richter spricht von „erschreckender Gleichgültigkeit“

DRESDEN taz ■ Dem 45-jährigen Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) droht das Ende seiner politischen Laufbahn. Gestern verurteilte ihn die die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dresden wegen Untreue und Beihilfe zum Bankrott zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Gegen den mitangeklagten früheren Fluthilfekoordinator der sächsischen Hauptstadt, Rainer Sehm, verhängte das Landgericht eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Roßberg wird vorgeworfen, seinem Vertrauten Rainer Sehm das Honorar als Fluthilfekoordinator eigenmächtig auf das Vierfache erhöht zu haben. Der Stadt sei dadurch ein Schaden von 143.000 Euro entstanden. Der privatinsolvente Sehm wiederum lancierte einen Großteil der Gelder am Insolvenzverwalter vorbei. Möglich wurde dies auch durch eine Tarnfirma, über die die Verträge mit der Stadt geschlossen wurden.

Sehm und Roßberg kannten sich seit den 90er-Jahren. Nach seiner Wahl zum Dresdner Oberbürgermeister 2001 holte Roßberg den Freund zunächst als Berater ins Rathaus. Nach dem Hochwasser im Jahr 2002 avancierte Sehm zum Koordinator für alle Fragen der Flutschadensbeseitigung. In den Augen der Verwaltung sei der freie Mitarbeiter als „informeller Vizeoberbürgermeister“ wahrgenommen worden, so Staatsanwalt Till Pietzcker. Es handele sich „um einen Fall von Korruption“.

Kurz vor dem Urteilsspruch hatte Roßberg noch mal beteuert, er habe die höheren Honorarverträge für Sehm weder entworfen noch selbst geschrieben.

MICHAEL BARTSCH