Zu Unrecht im Knast

Karlsruhe will nachträgliche Sicherheitsverwahrung von Straftätern nur in wenigen Extremfällen zulassen

FREIBURG taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung erschwert. In einer gestern veröffentlichten Entscheidung gaben die Richter der Klage eines drogenabhängigen Gewalttäters statt. Der in Bayern einsitzende Mann muss nun wohl bald aus der Haft entlassen werden.

Der Kläger war 1996 wegen versuchten Totschlags zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Weil sich der Täter reuig und therapiewillig zeigte, verzichtete das damalige Gericht auf die Anordnung von anschließender Sicherungsverwahrung. Kurz vor der vorgesehenen Entlassung Ende 2004 wurde dann nachträglich doch noch eine Sicherungsverwahrung angeordnet. Das heißt, der Mann sollte trotz Verbüßung seiner Strafe weiter im Gefängnis bleiben, bis er nicht mehr als gefährlich gilt.

Das Landgericht München begründete die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung mit verschiedenen Gründen. So sei der Mann wider Erwarten therapieresistent gewesen, habe einen Mitgefangenen nach einer Beleidigung zu Boden gestoßen und auf eine Grünpflanze eingeschlagen.

Das Bundesverfassungsgericht hielt diese Vorfälle nicht für ausreichend, um den Mann auch nach Strafverbüßung in Haft zu behalten. Die Drogenproblem sei schon bei der ersten Verurteilung bekannt gewesen. Und die späteren Vorkommnisse seien bloße Disziplinlosigkeiten, die für die Annahme einer „erheblichen Gefährlichkeit“ nicht ausreichten. Die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung müsse „auf wenige Verurteilte beschränkt bleiben“.

Auch der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen die Hürden für die nachträgliche Sicherungsverwahrung sehr hoch angesetzt. Im vorliegenden Fall hatte er der Maßnahme jedoch zugestimmt. Bundesweit gibt es nur wenige Fälle nachträglich angeordneter Sicherungsverwahrung, die vor den Gerichten Bestand hatten. CHRISTIAN RATH