IN DER SAUNA
: Neue Leute

Die anderen kneifen die Augen zusammen, um zu versinken

„In Berlin, da lernt man ja ganz schnell neue Leute kennen“, sagt mein Dozent. Klar, Mitte 30 in Berlin ist wie Mitte 20 anderswo. Im Späti, in den Vintage-Cafés lauern die Alternativ-Hipster-Großstädter ja nur auf Gespräche. Seit fünf Monaten bin ich jetzt in der Stadt. Meine liebsten Genossen: WG-Mitbewohner und Kollegen. Zweimal die Woche versuche ich mich an so etwas wie sportlicher Betätigung im Fitnessstudio. Ein Tempel der Muskeln, aber auch Schauplatz von dellenentlarvenden Polyesterleggins. An Hantelbank und Adduktoren-Gerät sonnen sich die einen in den Blicken der Moppeligen. Die anderen kneifen die Augen zusammen, um in der schweißigen Masse zu versinken.

In der Sauna schließe ich die Augen, zufrieden, ein paar Kalorien weggesportelt zu haben. Eine Frauenstimme holt mich aus der Tiefenentspannung. „Bist du Bugra? Du hast doch bei DSDS mitgemacht?“, fragt sie den Mann auf der Bank vor sich. „Ja, du hast mich erkannt?“, fragt er zurück. Die Frau mit den roten Haaren plaudert mit Bugra über die Show. Ich frage, ob er nicht glaubt, dass er als Trash-Star endet. Die Casting-Stars sind schon seit vorgestern die Lachnummern der Nation. Hm, ja, das habe seine Schwester auch gesagt, sagt Bugra und fügt hinzu: „Du hast wohl recht.“ Nimmt sein Handtuch und geht.

Die Frau mit den roten Haaren und dem Handtuch mit Fischaufdruck spricht jetzt mich an. „Und, was machst du so?“, fragt sie. „Ich bin Journalistin“, antworte ich. Was folgt, ist ein Plausch über Studienfach, Semester, RTL und schöne Handtücher. Die Rothaarige richtet sich auf. „Wie heißt du eigentlich?“, sagt sie. Ich antworte, dann nimmt auch sie ihr Handtuch. „Ich bin übrigens Maria. Vielleicht treffen wir uns mal wieder.“ Sicher, in Friedrichshain oder Mitte zwischen den Zumba tanzenden Körpern werde ich ihre schwitzigen Haare schon erkennen. JULIA NEUMANN