Erzählungen aus der Hunte-Stadt

Der niedersächsische Kommunalwahlkampf, aus der Nähe betrachtet (VIII): Nirgends liegen Schwarz und Grün näher beieinander als in Oldenburg. Deshalb graben sie sich dort auch gegenseitig eifrig das Wasser ab

Wenn es das Ziel war, Geschichte zu schreiben, dann ist es ein Märchen geblieben. Und wenn es darum ging, auf kommunaler Ebene in einer kleinen Großstadt schon einmal schwarz-grüne Koalition zu spielen, dann ist es eine Totgeburt gewesen: Oldenburgs CDU hat als Oberbürgermeister-Kandidat einen Ex-Grünen aufgetan.

Gert Schwandner heißt er, ist Chirurg und hat in Karlsruhe einen Job als Management-Professor. Im Bremen der Ampelkoalition – lang, lang, ist’s her – war er einmal Staatsrat der grünen Kultursenatorin, und zuvor und sogar zeitgleich kassierte er Diäten als Grünen-Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag. Aus der Partei ausgetreten ist er im Sommer 2005, und schon wurde er – wie das Leben so spielt – von den Oldenburger Christdemokraten als Kandidat ausgeguckt.

Dass Schwandner dort auch die Grünen-Anhänger umwirbt, kann nicht überraschen. Auch hat er daraus nie einen Hehl gemacht: Die Stadt sei „ein Zukunftslabor für die Öffnung der CDU in Richtung Schwarz-Grün“, hat er gesagt. Öffentlich und vor Zeugen.

Dazu muss man wissen: Schwarz-Grün ist, wenn man die Oldenburger Mehrheitsverhältnisse der vergangenen Jahre betrachtet, eine realistische Option. Es gibt auch sachliche Übereinstimmungen, so beim Widerstand gegen eine Shopping-Mall in der Altstadt.

Das Problem nur: Die Grünen, an der Hunte traditionell stark, haben auch einen Bewerber ins Rennen geschickt. Und Steuerberater Hermann Neemann hat sich nicht nehmen lassen, Schwandners Werben um grüne Stimmen mit dem Hinweis darauf zu kontern, dass der gesamte Wirtschaftsflügel der CDU genauso gut auch ihn, Neemann, wählen könne. „Bei den hiesigen Wahlergebnissen und einem schwachen CDU-Kandidaten ist mehr drin“, heißt es neuerdings auf seiner Website – was auch den Umfrageergebnissen entspricht: 22 Prozent der Stimmen hat der NDR für Schwandner, elf für Neemann prognostiziert. Dabei fällt auf, dass beide deutlich weniger Stimmen als ihre Parteien einfahren – was für Wählerwanderungen auf verschlungenen Pfaden spricht. Und dabei ist zu beachten, dass bei Kommunalwahlmeinungsumfragen erfahrungsgemäß ein Spielraum von zehn Prozent in beide Richtungen bleibt: Es kommt nämlich zuerst drauf an, wie viele Wähler sich mobilisieren lassen. Und von wem.

Das könnte in der Tat auch Amtsinhaber Dietmar Schütz die Suppe versalzen. Der nämlich lehnt sich derzeit zurück, ergötzt sich daran, wie sich seine Hauptwidersacher gegenseitig das Wasser abgraben, und schwelgt in der Erinnerung: Früher, unter CDU-Führung, habe Oldenburg „im Koma“ gelegen. Dann sei Schütz König, Pardon: Oberbürgermeister geworden und jetzt sei „Oldenburg auf der Überholspur“ und „eine der dynamischsten Städte Deutschlands“, so lautet die Wahlkampferzählung des SPD-Mannes. Ihre Vorteile: Sie ist kurz, einprägsam und leicht verständlich. Zudem ist ihre Botschaft sehr optimistisch. Und die Oldenburger müssen nur noch die Schlussformel ergänzen. Wie sie lautet? Ganz einfach: Und so lebten sie glücklich und zufrieden bis ins Jahr 2014. bes