schurians runde welten
: Sönke Wortmanns Ballgefühle

„Diesmal sind sie fällig, ich hab‘s im Gefühl.“ (Jürgen Klinsmann)

Fernsehserien können verschwinden. Sie verlieren sich dann wie Meteoriten in den unendlichen Weiten des Programms. Und die Wahrscheinlichkeit, sie wieder zu sehen, tendiert gegen Null. Mir ging das so mit der Freizeitfußballserie „Freunde für immer“.

Auch wenn es weit nach der Zeit ist: Sönke Wortmanns Adaption der eigentlich holländischen Produktion über eine Handvoll Männer, die seit ihrer Kindheit zusammen Fußball spielen, war stimmig und lustig. Und deshalb wurde sie erst ins Nachtprogramm verschoben und dann abgesetzt.

Obwohl die Folgen um Kabinenpredigten kreisten und Spiele gegen Rocker oder Niederländer mit Down-Syndrom, sollte das Programm ausgerechnet bei Frauen landen, die sonst „Sex in the City“ sehen. In Holland mag die Kickersaga das weibliche Geschlecht angelockt haben – hier nicht. In der ersten Folge lief noch Slipeinlagen-Werbung, dann wurde hektisch umgeswitcht auf Bier. Aber da war alles zu spät. Oder Regisseur Wortmann einfach seiner Zeit und dem Fußball-„Sommermärchen“ voraus.

Der nicht erst seit seiner Industriespionage bei der Nationalelf zum Staatsfußballfilmer mutierte Erkenschwicker hat offenbar schon vor der Heimat-WM geahnt, dass die totale Popularisierung des Fußballs nur über seine Verweiblichung stattfindet. Dass es normal sein muss, wenn sich 43-jährige Architektinnen aus Waiblingen in hautengen Deutschland-Retroshirts nach dem Salatdinner notwendige, aber leidlich unansehnliche Qualifikationsspiele gegen Irland ansehen, weil sie es toll finden und vor allem: gefühlsecht.

Wortmann ging es immer um große Gefühle. Erst recht nach einem Aufenthalt in Hollywood. Auf seiner anschließenden Pathossuche in Germanien erinnerte sich der schweigsame, fast dröge Wortmann an den Fußball, der selbst in ihm so etwas wie Begeisterung wecken konnte. Wurde er als junger (Herner) Fußballer nicht als Torschütze auf den Schultern seiner Kameraden herum getragen? Großes Kino.

9.9. Herne – Aue

Ob sich viele Sex-in-the-City-Freundinnen am Samstag zum Schloss Strünkede aufmachen werden, darf indes bezweifelt werden. Am Gefühlsmangel liegt es nicht. Der Oberligist tritt an gegen die Zweitligisten aus dem Erzgebirge. Die Pokalhauptrunde ist ein Festtag für den deklassierten Traditionsverein samt Rustikal-Trainer Frank Schulz. Dem muss man in Sachen Pathos gar nichts mehr erklären: „Alle sollten das Spiel genießen, weil wir nicht wissen, wann und ob wir so etwas noch einmal erleben werden.“ Schluchz.CHRISTOPH SCHURIAN