„Fragen ohne Antwort“

MISSBRAUCH Auf der Synode der Nordelbischen Kirche bekundet Bischof Ulrich Scham für die Missbrauchsfälle in Ahrensburg. Strafrechtlich sind sie verjährt. Die internen Ermittlungen dauern an

„Sie haben Sorge, dass es uns vor allem um das Image unserer Kirche geht“

Bischof GERHARD Ulrich

Mit Gebeten und Geburtstagsständchen startete gestern die Synode der Nordelbischen Kirche in Rendsburg. Danach wurde es ernst: Der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich begann seinen Bericht als Vorsitzender der Kirchenleitung mit einer Stellungnahme zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg, die im Frühjahr bekannt wurden und als deren Folge Bischöfin Maria Jepsen im Sommer zurücktrat.

Im Zentrum der Diskussion steht Pastor Dieter K., der heute im Ruhestand ist, die Mehrzahl der ihm zu Last gelegten Taten reicht in die Achtzigerjahre zurück. Auch gegen einen zweiten Pastor, H., laufen Untersuchungen: Zwei Frauen, ehemalige Mitglieder einer kirchlichen Jugendgruppe, haben ihn wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt. „Als Bischof unserer Kirche empfinde ich Scham“, sagte Ulrich gestern. Die Realität sei aber vielschichtig: „Was die einen als Schutz von ihrer Kirche erwarten, verurteilen die anderen als Vertuschung.“

Es ginge um Fragen, „die noch längere Zeit ohne abschließbare Antwort bleiben werden“, sagte Ulrich weiter, ohne konkrete Fälle zu benennen. Dabei geht es um die Rolle der kirchlichen Struktur und der Vorgesetzten der Pastoren: So hatte die damalige Pröpstin Heide Emse 1999 Pastor K. – ihm wird vorgeworfen, drei seiner Stiefsöhne und Mitglieder seiner Jugendgruppe jahrelang missbraucht zu haben – versetzen lassen, aber kein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. K. war auch an seinem neuen Arbeitsplatz in der Jugendseelsorge tätig. Eine strafrechtliche Verfolgung blieb aus. Inzwischen, so Ulrich, stehe fest, dass alle bisher bekannten Taten strafrechtlich verjährt seien.

Intern wird weiter untersucht, in einem „geordneten Verfahren“, das seine Zeit brauche. Die kirchliche Behörde wird von der Kieler Anwaltskanzlei Brock-Müller-Ziegenbein unterstützt, die als externe Gutachterin eingeschaltet war. Ulrich zeigte Verständnis für die Ungeduld und auch für das Misstrauen der Opfer: „Die Ermittlungen gehen ihnen nicht schnell genug, und sie haben Sorge, dass es uns doch vor allem um das Image unserer Nordelbischen Kirche geht.“

Die Opferorganisation „Missbrauch in Ahrensburg“ hatte in den vergangenen Monaten den Umgang der Kirche mit den Vorfällen kritisiert und bezweifelt, dass die kircheneigene Behörde die Fehler nun aufklären könne.

Bischof Ulrich versicherte den Opfern sein Mitgefühl. Es sei gut, dass sie sich jetzt „den Raum nehmen, den sie brauchen“. Und verwies darauf, dass „sexualisierte Gewalt in der Nordelbischen Kirche insgesamt nur selten vorkommt“. ESTHER GEISSLINGER