die taz vor fünf jahren über den streit bei der antirassismuskonferenz in durban über den nahost-konflikt:
Die UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban ist gescheitert. Daran gibt es nichts zu deuteln, auch wenn man im letzten Moment noch einen Kompromiss finden würde zwischen Gegnern und Befürwortern einer Verurteilung des Zionismus als Rassismus. Die Gleichsetzung des Zionismus mit Rassismus wird nicht nur von Radikalen in der islamischen Welt propagiert, wie oft behauptet wurde. Sie wird von der Mehrheit in den arabischen Ländern und vor allem der Palästinenser vertreten – selbst von denjenigen, die den Friedensprozess mit Israel bejahen. Der Grund dafür ist klar. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Die Palästinenser, die regelrecht abgesperrt, ausgehungert und als Menschen zweiter Klasse im eigenen Lande entehrt werden, können den real existierenden Zionismus nur als rassistisch wahrnehmen. Die USA versuchen, diese Tatsache zu ignorieren, und ergreifen unkritisch für die israelische Politik Partei. Das ist das amerikanische Nahostkonzept. Doch: Die Vorstellung, dass man in Durban die realen Probleme des Nahen Osten verdrängen kann und nur theoretisch über den Rassismus schlechthin diskutiert, ist einfach kindisch.
Auf der anderen Seite war die Haltung der arabischen Länder auf der Konferenz Ausdruck ihrer Unfähigkeit, durch eine konsequente Haltung die israelische Regierung zur Räson zu bringen. Die undifferenzierte Verurteilung des Zionismus als Form des Rassismus kann dafür keinen Ersatz liefern. Vielmehr ist eine arabische Politik, die zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterscheidet, notwendig. Die zionistische Ideologie, die zur Gründung des Staates Israel beigetragen hat, hat nationalistische und rassistische Wesenszüge. Das ist aus arabischer Sicht die historische Wahrheit. Darüber darf man auch diskutieren, ohne antisemitisch zu sein. Aber man darf auf keinen Fall die Gegenwart zugunsten der Vergangenheit verdrängen.
Abdel Mottaleb el Husseini in der taz vom 8. 9. 2001
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