Geldpolitische Hoheit in Europa ist umkämpft

Die Regierungen der Eurogruppe fordern mehr Einfluss gegenüber Euro-Bank-Chef Jean-Claude Trichet

BRÜSSEL taz ■ Wer darf sich „Mister Euro“ nennen, wer bestimmt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank? Über diese Frage streiten EZB-Chef Jean-Claude Trichet und Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker. Neben optimistischen Wachstumszahlen und fortdauernden Globalisierungsrisiken wird diese Auseinandersetzung auch die Finanzminister der Euroländer bei ihrem Treffen heute in Helsinki beschäftigen.

Bei dieser Konferenz geht es unter anderem darum, ob Juncker ab 2007 für weitere zwei Jahre den Vorsitz der Eurogruppe führen soll. „Ich bin Mister Euro“, hatte EZB-Chef Trichet Anfang Juni kess geantwortet, als Journalisten wissen wollten, ob er oder Juncker diesen Titel für sich beanspruchen könne. Trichet wehrt sich wie sein Vorgänger Wim Duisenberg gegen mehr Einfluss der Regierungen auf die per Definition unabhängige Geldpolitik. Deshalb ließ er einen Brief Junckers vom Mai bis heute unbeantwortet. Juncker hatte regelmäßige Dreiergespräche zwischen ihm, Trichet und Währungskommissar Joaquín Almunia über Fragen der Wirtschafts-, Geld- und Finanzpolitik vorgeschlagen. Der Austausch sei intensiv genug und weltweit beispiellos, sagte Trichet damals schroff. Er nehme schließlich jeden Monat an den Sitzungen der Eurogruppe teil. Auch seien Almunia und Juncker herzlich eingeladen, zu den zweimal im Monat stattfindenden EZB-Ratssitzungen nach Frankfurt zu kommen.

Juncker reagierte verärgert auf diese Zurückweisung. „Wer in kleinen Räumen nicht mit mir redet, wird mich über Lautsprecher hören“, verkündigte er via Financial Times Deutschland. Ihm geht es vor allem um Mitsprache bei Zinserhöhungen und bei den angestrebten Wechselkursen des Euro.

Der starke Euro verteuert europäische Produkte im Ausland und dämpft so das Exportgeschäft. „Die Wirtschafts- und Finanzminister sind auch für die Exportwirtschaft zuständig und können deshalb ihre Sorgen artikulieren“, sagte Jean-Claude Juncker.

Die Forderung ist nicht neu. Schon zu Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion hatte der damalige deutsche Finanzminister Oskar Lafontaine eine „flexible Stabilität“ bei den Wechselkursen gefordert, um den Handel zwischen der Eurozone und anderen Währungszonen nicht zu beeinträchtigen.

In Helsinki möchte Juncker von seinen Ministerkollegen ein klares Mandat dafür erhalten, die EZB enger mit der Wirtschaftspolitik zu verzahnen. Nur unter dieser Voraussetzung will er für zwei weitere Jahre die Eurogruppe leiten. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat erkennen lassen, dass er Junckers Kandidatur und damit indirekt sein wirtschaftspolitisches Ziel unterstützt.

Zum „Mister Euro“ macht das den Luxemburger Premierminister aber noch lange nicht. Man brauche sich die Euroscheine doch bloß mal anzusehen, sagt Jean-Claude Trichet. Das Gekrakel am oberen Rand kann zwar keiner entziffern, doch es stammt von ihm selbst, nicht von seinem Luxemburger Vornamensvetter.

DANIELA WEINGÄRTNER