LESERINNENBRIEFE
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Ein Trauerspiel

■ betr.: „Meine Lust gehört mir“ u. a., taz vom 8. 3. 14

Es ist ein Trauerspiel. Wieso ist es heute, 2014, immer noch nicht möglich, trotz sicherlich allerbester Absichten Informationen zur weiblichen Lust zu vermitteln, ja einfach nur einmal darauf hinzuweisen, dass Frauen ein Organ haben, dass ausschließlich ihrer Lust dient, wie dieses genau aussieht und was genau notwendig ist, damit dieses Organ anschwillt, erregt wird und somit beglückt? Stattdessen ein fetter Artikel über Primatinnenforschung, der zu diesem Thema kaum etwas aussagt, und Erfahrungsberichte, als wären wir in den Selbsthilfegrüppchen der 80er! Die, privat wie sie sind, offenbar nicht umhinkommen, ein Klischee nach dem anderen zu bedienen. Wieso gibt es keine Interviews mit Fachleuten, SexualberaterInnen, SexualtherapeutInnen und TantralehrerInnen über die Bedingungen für eine starke weibliche Libido, für weibliches Lustempfinden? Zum Beispiel, dass ich nicht ohne Hilfsmittel „heiß“ werden kann, wenn ich mich immerzu von Salat ernähre und ununterbrochen damit beschäftigt bin, an meinem Körper herumzumäkeln?

Dann die Begriffe! Können wir nicht endlich einmal auf Begriffe wie „Scheide“, „Scham“ u. ä., die ganz offensichtlich in keiner Weise etwas mit weiblicher Lust zu tun haben, verzichten? Und uns an die Feministinnen der 80er halten, die vorgeschlagen hatten, „Scham“ durch „Venus“ zu ersetzen: Venuslippen, Venushügel. Oder auch die eklige „Brustwarze“ als eine Knospe zu verehren? Und auch endlich aufhören „Vagina“ zur „Vulva“ zu sagen? Dieses „Loch“ ist für die herrschende männliche Sexualität interessant, und für die Frauen nur, wenn sie gelernt haben, in ihrer Vagina die klitoralen Gewebe zu erspüren. Ich weiß nicht, warum bei diesem Thema in jeder Generation eine oder zwei meinen, etwas ganz Neues, ungemein Intimes veröffentlichen zu müssen, und niemand sich die Mühe macht, zu recherchieren bei einem, mit Verlaub, ganz normalen menschlichen Organ, das zugegebenermaßen ein klein wenig komplex ist. Meine Kritik richtet sich auch an das, was gemeinhin in der Fachliteratur als „Wissenschaftsgeschichte“ angeboten wird. Auch da macht sich niemand Mühe, genau zu sein. Dies alles spiegelt den gewöhnlichen, schlampigen und respektlosen Umgang mit der weiblichen Lust. Von der taz würde ich erwarten, genau dies zu reflektieren.

BIRGIT KÜBLER, Sexualberaterin

Folgen sind nicht beherrschbar

■ betr.: „Atomkraft? Nein danke, zu teuer“, taz vom 11. 3. 14

Das Desaster in Fukushima zeigt, dass die Folgen eines derartigen GAUs in keiner Weise beherrschbar sind. Die Verantwortlichen handeln jeweils nach dem Prinzip „Learning by doing“, ohne dass dadurch ein Eindämmen des verseuchten Wassers und der weiteren Kontamination der Umwelt möglich wäre.

Nirgends ist bisher ein geeignetes Endlager gefunden worden, trotzdem laufen auch hier bei uns noch acht weitere Atomkraftwerke, sodass der atomare Müll weiterhin anwächst, der für eine Zeit sicher verwahrt werden muss, die etwa so lang bemessen sein muss, wie überhaupt Menschen auf dieser Erde leben; also für uns unvorstellbar lang!

Um dem Klimaschutz Rechnung zu tragen, muss die Energiewende weiter befördert werden. Es kann nicht angehen, den Ausbau der regenerativen Energie aus Sonne und Wind zu drosseln, vielmehr müssen die Ausbauziele angehoben werden, damit sowohl auf die klimaschädliche Kohle verzichtet werden kann als auch die Atommeiler früher abgeschaltet werden können. Auch die Vorschläge zu einer Verbesserung des Katastrophenschutzes können kaum die Ängste der BürgerInnen vor einem GAU minimieren.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Ganz normale Einarbeitung

■ betr.: „Heikle Praktika“, taz vom 6. 3. 14

Ein Praktikum ist Teil einer Ausbildung. Im Duden wird die Bedeutung folgendermaßen erklärt: 1. im Rahmen einer Ausbildung außerhalb der (Hoch)schule abzuleistende praktische Tätigkeit, 2. zur praktischen Anwendung des Erlernten eingerichtete Übung(sstunde) (besonders an naturwissenschaftlichen Fakultäten einer Hochschule).

„Praktika“ nach einer/m Ausbildung/Studium ist also die ganz normale Einarbeitung in einen neuen Job und daher – wie jede Arbeitstätigkeit – zu bezahlen, künftig mindestens mit dem Mindestlohn. Der richtige Weg für „Heikle Praktika“ ist daher, gegen unbezahlte Einarbeitung („Freiwilligenarbeit“) vorzugehen, denn wer für Arbeit nicht oder bei Weitem zu wenig bezahlt, begeht strafbaren Lohnwucher. VERONICA BUNDSCHUH,

Fachanwältin für Arbeitsrecht, Münster