Kultur als Happening

Nahezu alle Bühnen dieser Stadt präsentieren sich heute zum Auftakt der neuen Saison in der dritten Hamburger Theaternacht. Insgesamt sind rund 170 Stunden Theater, Lesungen, Tanz, Konzerte und Talkshows zu erleben

Ob die „Lange Nacht der Museen“, die „Nacht der Kirchen“ oder die „Nacht der Clubs“: Kultur in ein sympathisches Happening zu verpacken ist prominent. Zum dritten Mal reihen sich heute Abend auch die Hamburger Bühnen in den Reigen der nächtlichen Erlebnistouren nebst Shuttleverkehr. Schon letztes Jahr machten sich 15.000 Menschen auf die Reise durch die Hamburger Theaterlandschaft. Dieses Jahr wird es noch größer – zum ersten Mal sind auch die Bergedorfer Theater mit dabei.

Mit einem einzigen Ticket gibt es auf den staatlichen und privaten, den kleinen und großen Bühnen dieser Stadt insgesamt rund 170 Stunden Programm zu sehen: Theater, Lesungen, Konzerte und natürlich eine Party. Dabei ist es egal, ob man sich ein festes Programm vornimmt oder sich lieber treiben lassen möchte. Sechs Sonderbuslinien und sieben Alsterschiffe, die zwischen 18 und 1 Uhr die teilnehmenden Theater und die zentrale Drehscheibe am Hachmannplatz miteinander verbinden, transportieren Zielstrebige wie Vagabundierende.

Einen großen Teil des Programms nehmen jeweils Ausschnitte aus aktuellen Programmen und Kostproben aus der kommenden Spielzeit ein. So gibt es auf der großen Bühne im Schauspielhaus unter anderem Teile aus „Mein Ball – ein deutscher Traum“, „Cyrano“ oder „Das Telefonbuch von Hamburg“ zu sehen, während im Malersaal der Jugendclub des Theaters feiert und das Junge Schauspielhaus erste Eindrücke aus dem „Odyssee“-Projekt zeigt. Das Kabarett Alma Hoppe spielt in seinem Lustspielhaus zu jeder vollen Stunde Auszüge aus aktuellen Programmen und auf der Open-Air-Bühne am Spielbudenplatz gibt es Ausschnitte aus den Schmidt Theater- und Tivoli-Produktionen „Fifty Fifty“, „Sixty Sixty“ und „Heiße Ecke“.

Wer sich für den Nachwuchs interessiert, dem sei das St. Pauli Theater empfohlen. Hier zeigen junge RegisseurInnen Kostproben ihrer Arbeit. „Beckett auf der Reeperbahn – oder Studien zu Fassbinder“, „Prayer without Ceasing!“ und „Best of Hamlet“ sowie eine Produktion des „Kollektiv Schiffbau“ gibt es dort zu sehen. Oder man schaut im Thalia in der Gaußstraße vorbei. Hier gibt es, eingerahmt in drei Konzerte, ein „Best of“ der Autorentheatertage 2005 und 2006 zu sehen, dazu Filme des Kurzfilmfestivals im Foyer.

Geduldige Literaturfreunde hingegen zieht es ins Hamburger Sprechwerk zur siebenstündigen szenischen „Faust“-Lesung in großer Besetzung und Musikinteressierte in den Bunker an der Feldstraße. Dort präsentiert die Formation „Weisser Rausch“ ihre „Minimal Love“ betitelte Hommage an Steve Reich zu dessen 70. Geburtstag: Ein Cembalist und ein Flötist spielen im Dialog mit dem Computer dessen „Counterpoint“-Kompositionen, während sich ein Liebespaar immer wieder trifft. Wer um Mitternacht schließlich noch nicht genug hat, kann sich auf Kampnagel von Claude und Nik bis zum frühen Morgen mit Indie-Hits und zeitlosen Beats versorgen lassen. ROBERT MATTHIES

Sa, 9.9., 19 Uhr, Programm unter www.hamburger-theaternacht.de, Tickets für 12 Euro